Der Zug des Jobmotors CARE

. . . . darf nicht ungebremst durch den Gewerkschaftsbahnhof fahren

Gewerkschaften müssen sich dringend um diesen Sektor kümmern!

von Laurenz Nurk, Dortmund

In der öffentlichen Diskussion besteht Einigkeit darüber, dass Beschäftigte im Care-Sektor bessere Arbeitsbedingungen und eine höhere Entlohnung verdient haben.

Mit dem „Care“-Begriff werden die Arbeitsinhalte und die Beziehungsaspekte von Sorgearbeit beschrieben, Care-Arbeit umfasst bezahlte, sowie unbezahlte Arbeit. Diese orientiert sich an den Bedürfnissen anderer Personen. Die Berufe im Care-Sektor sind anspruchsvoll, fordernd und gesellschaftlich unverzichtbar.

Der Unterschied zu anderen Beschäftigungssektoren besteht darin, dass die Care-Arbeit wichtig für die Wirtschaft insgesamt ist, da sie erst die Erwerbstätigkeit vieler Menschen ermöglicht. Weiter unterscheidet sie sich von den meisten Bereichen der Industrie, in denen starke Gewerkschaften großen, einheitlich agierenden Arbeitgeberverbänden gegenüberstehen und Tarifverträge für ganze Branchen aushandeln und dagegen in der Care Arbeit die Landschaft der Arbeitsbeziehungen institutionell und regional zersplittert ist. Dies führt zu unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in diesem Sektor.

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Es lohnt sich, einen genauen Blick auf die Struktur der Arbeitsbeziehungen in der Care-Arbeit zu werfen. Als ein Diskussionsbeitrag für die wichtige gewerkschaftspolitische Entwicklung in diesem schnell wachsenden Arbeitsgebiet ist hier die Analyse von Michaela Evans vom "Institut Arbeit und Technik" (IAT) der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen hilfreich. Sie hat die Arbeitsbeziehungen in der Care-Arbeit analysiert, die unterschiedlichen Formen der Arbeitsbeziehungen in Unternehmen und Regionen herausgearbeitet sowie konkrete politische Handlungsempfehlungen für die Zukunft formuliert.

Obwohl Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend durch Care-Arbeit geprägt werden, stand diese bislang eher am Rand der Arbeitspolitik. Care-Arbeit zielt auf Lebensqualität, auf die gesundheitliche und pflegerische Versorgung von und durch Menschen. Sie ist eingebettet in die Organisationsform sozialer Dienste in der Sozialwirtschaft.

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Der gefühlte Schulz

Der Neue schafft sofort die Agenda ab

von Ulrich Gellermann, Berlin

martin_schulz_hoffnungstraeger_kanzlerkandidat_kanzlerkandidatur_bundestagswahl_hartz_iv_wuerselen_ceta_ttip_kritisches_netzwerk_spd_sozialdemokraten_sozialdemokratie.jpgGlaubt man den deutschen Medien, dann ist Martin Schulz der Neue, der frische Wind im Berliner Parlamentsbetrieb, der Überraschungskandidat aus der sozialdemokratischen Wundertüte. Und dieser Wunderglaube hat unseren Martin aus dem Europaparlament auf die ersten Umfrageplätze zur Kanzlerkandidatur katapultiert. Denn Martin ist anders, ganz anders als diese Berufspolitiker in Berlin.

Als im Jahr 1999 jede Menge Staaten der Europäischen Union –  an der Seite der USA unter dem Namen der NATO – den Serben mal zeigten, wie man mit Bomben den Frieden zwischen den Völkern sichern kann, da hätte man beinahe den Martin, der seit 1994 im Europaparlament saß, aus Strassburg empört NEIN rufen hören können. Wenn die Lautsprecher nicht so schlecht gewesen wären.

Und als 2001 jede Menge EU-Soldaten, unter ihnen erneut deutsche, in Afghanistan für jene Ordnung sorgten die noch heute so segensreich andauert, da war der Martin schon seit 2000 Vorsitzender der deutschen SPD-Landesgruppe im Europaparlament. Und wenn die Reisespesen bei der EU nicht so schlecht gewesen wären wie sie heute immer noch sind, dann wäre unser heutiger Hoffnungsträger schon damals voller Hoffnung an den Hindukusch geflogen, um sich zwischen die Fronten zu werfen, um den blutigen Krieg zu beenden.

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Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

Antworten auf sieben Kernfragen

von Laurenz Nurk

hired_fired_leiharbeit_leiharbeiter_leiharbeitnehmer_sklaverei_zeitarbeit_niedriglohn_arbeitsrecht_arbeitnehmerueberlassung_kritisches_netzwerk_equal_pay_treatment.png Ab dem 1. April 2017 dürfen Leiharbeiter nur noch maximal 18 Monate in einem Betrieb arbeiten, ab neun Monaten gilt Equal Pay („Gleiche Bezahlung“). So das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Doch es hagelt Kritik. Leiharbeit könne zum Dauerzustand werden. Damit wäre die Schlecker-Praxis zurück. Hier sind die Antworten der Fachredaktion des Bund Verlags auf 7 Kernfragen.

1. Was ist überhaupt Leiharbeit?

Leiharbeit soll Betrieben die Flexibilität geben, kurzfristig Personal aufzustocken. Eine Verleihfirma stellt dafür den Betrieben Personal – eben sogenannte Leiharbeitnehmer – zur Verfügung. Diese sind bei der Verleihfirma angestellt und schließen ihre Arbeitsverträge auch nur mit diesen ab. Dennoch sind Leiharbeitnehmer in die Arbeitsstrukturen der Betriebe, an die sie ausgeliehen werden, eingegliedert. Hinsichtlich der Arbeitsausführung unterliegen sie deren Weisungen. Dies, obwohl offiziell keine Rechtsverhältnisse zwischen Leiharbeitnehmer und den Betrieben des Einsatzortes bestehen.

Die Leiharbeitnehmer erhalten ihren Lohn von der Verleihfirma. Zwischen Verleiher und Entleiher wird ein Stundensatz für die zu leistende Arbeitszeit des Leiharbeitnehmers vereinbart, der (häufig; immer) deutlich über dem eigentlichen Lohn des Leiharbeitnehmers liegt.

2. Wie lange darf ab 1.4.2017 ein Leiharbeitnehmer maximal in einem Betrieb arbeiten?

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Hybrid Russland? Ein Angebot zur Entdämonisierung eines Feindbildes

Ungeachtet des angekündigten Kuschelkurses zwischen Donald Trump und Wladimir Putin, ungeachtet aller Beteuerungen aus Kreisen der EU wie auch der politischen Etagen Deutschlands, man wolle sich um ein gutes Verhältnis zu Russland bemühen, ungeachtet der von niemandem zur Zeit mehr bestrittenen Tatsache, dass das Schlachten in Syrien durch das Hinzutreten von Russland in einen – zumindest vorläufigen – Waffenstillstand übergegangen ist, also, ungeachtet all dieser Signale, ist das Verhältnis zwischen den Weltmächten doch nach wie vor das bekannte.

Die vor wenigen Tagen abgehaltene „Münchner Sicherheitskonferenz“ brachte es unmissverständlich an den Tag: Dort hat, wie es die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ treffend zusammenfasste, die neue amerikanische Regierung in Person des US-Vize-Präsidenten Mike Pence den Europäern „Bündnistreue in der NATO und eine Kritische Haltung gegenüber der russischen Aggression zugesichert.“ US-Präsident Donald Trump twitterte gar in Abwesenheit, er sei ein „NATO-Fan“.

Nun kann man aus Trumps Twitter-Botschaften nicht auf eine konsistente Politik schließen, aber Auftritte wie die des US-Hardliners John McCain, der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, des scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck, die nacheinander zur Verteidigung des Westens, Europas, zur höheren Rüstungsanstrengungen Deutschlands aufriefen, lassen keine Zweifel an dem zu erwartenden Kurs.

Die FAZ fasste zusammen: „Und auch bei der Aufzählung der Herausforderungen hielten sich die europäischen Verteidigungsminister weitgehend an den Bedrohungskanon, den die Allianz schon seit zwei Jahren anstimmt und dessen Grundton stets auf Russland abgestimmt bleibt“. Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon brachte das Konzert der Warner auf den Punkt, indem er erklärte: „Es geht um Putin, nicht um Trump“.

Beschworen wird also wieder einmal das Feindbild Russland.

Sehen Sie dazu das Video eines Vortrags, den der renomierte Journalist, Russlandforscher und Autor Kai Ehlers am 14.02 im Friedensforum Kassel hielt. Thema:

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Turkmenistan: Willkommen im Amt, Präsident Berdymuchamedow!

Berdymu....was?

von Christian Jakob  

Ja, man sollte es nicht meinen, aber nicht nur in Deutschland wurde ein Amt neu besetzt. Ebenso wurde am vergangenem Sonntag in Turkmenistan ein neues Staatsoberhaupt gewählt – und das direkt vom Volk! Gurbanguly Berdymuchamedow bekleidet das Amt des Staatspräsidenten und Regierungschefs in Personalunion und wurde mit sagenhaften 97,7% der Stimmen wiedergewählt. Solche Zahlen kennt man sonst nur von Parteitagen unserer deutschen Volksparteien, oder eben aus Ländern, wo es mit der Demokratie nicht ganz so genau gehalten wird.

Zugegeben, vielleicht beschleicht den einen oder anderen ein wenig das Gefühl, nicht wirklich etwas über dieses Land zu wissen, geschweige denn wo es überhaupt liegt. Mit einem Blick auf den Globus findet man die ehemalige Teilrepublik der damaligen Sowjetunion am Kaspischen Meer. Der zentralasiatische Binnenstaat mit der Hauptstadt Aşgabat (gesprochen Aschgabat) grenzt an Kasachstan, Usbekistan, Afghanistan und dem Iran und ist flächenmäßig ungefähr so groß wie Deutschland, Österreich und die Schweiz zusammen genommen.

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Während hierzulande die Wahl des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in aller Munde war, ging diese Information so gut wie komplett in den Medien unter. Dabei hat die Wahl Berdymuchamedows nicht nur eine gewisse Bedeutung, sondern sie ist insbesondere für Deutschland von hoher Wichtigkeit. Die recht junge Republik bezeichnet seine politische Ausrichtung als Präsidialsystem. Der Haken an der Sache ist, das Staatsoberhaupt ist mit weitreichenden, nahezu diktatorischen Vollmachten ausgestattet, was auf Anhieb die sehr hohe Zustimmung erklärt. Zwar sind Neugründungen von Parteien seit einer Verfassungsänderung im Jahr 2008 erlaubt, jedoch schaffte es die bäuerliche Gerechtigkeitspartei als „scheinbare“ Opposition erst 2012 ins Staatsparlament.

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Der Ausnahmezustand in Nordkurdistan – Ein Überblick

von Leyla Güven – Kovorsitz. des Demokratischen Gesellschaftskongresses (DTK)

Die Kurd*innen in der Türkei mussten für die Rechte, die ihnen als Volk zustehen sollten, stets kämpfen. Und auch in der Gegenwart sind sie gezwungen, diesen Kampf weiter fortzuführen. Während die Kurd*innen in Bakûr / Nordkurdistan und der Türkei zu Hunderttausenden aufgrund der Kriegssituation in den Metropolen Zuflucht suchen mussten und auch dort seit Jahrzehnten für ihre politische, soziale, kulturelle und ökonomische Rechte den Kampf fortsetzten, hat der türkische Staat diesen gerechtfertigten Kampf stets mit Unterdrückung, Massakern, einer schwerwiegende Assimilationspolitik und ähnlicher faschistischer Methoden zu unterdrücken versucht.

Ob mit und ohne Ausnahmezustand, die Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung halten weiter an. Seit zwei Jahren erlebt die Türkei, im Besonderen in Nordkurdistan, einen eskalierenden Krieg. Dieser Krieg begann mit der Aufkündigung des zweieinhalb Jahre währenden Dialogs zur Lösung der kurdischen Frage durch den türkischen Staat und seinem „Palast“. Mit dieser Eskalation dieses Krieges hat die kurdische Bevölkerung an verschiedenen Ort verkündet, dass sie sich selbst verwalten und ihre Selbstverwaltungen schützen wolle.

Der türkische Staat hat auf diese Verkündungen eine geradezu barbarische Reaktion an den Tag gelegt, und ihre Vernichtungspolitik gegen die kurdische Bevölkerung mit Hilfe ihrer paramilitärischen Kräfte verstärkt. Es wurden zahlreiche Städte dem Erdboden gleichgemacht und unzählige Menschen massakriert.

 Die Warnungen des PKK-Vorsitzenden Herrn Abdullah Öcalan, dass wenn die kurdische Frage nicht gelöst und die Demokratisierung der Türkei nicht vorangetrieben wird, der Putschmechanismus zu Tage treten werde, ist von den Regierenden der Türkei nicht verstanden worden. Doch am 15. Juli vergangenen Jahres sollten die Warnungen von Herrn Öcalan zur Realität werden. Der Putschversuch vom 15. Juli ist eine direkte Folge der ungelösten kurdischen Frage und des Beharrens der Regierung, den Forderungen der Kurden mit schierer Staatsgewalt zu begegnen.

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Vergewaltigte Nachricht! Minderjährige! Gerüchte! E-Mails! Russen!

von Ulrich Gellermann, Berlin

fake_news_propaganda_east_stratcom_task_force_kritisches_netzwerk_politische_agitation_tatarenmeldung_verhetzung_leitmedien_manipulation_massenmedien_medienguerilla.pngEine E-Mail beherrschte den Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz. Eine E-Mail aus dem Osten. Es erzitterte die versammelte NATO-Generalität. Furchtsam duckten sich die Verteidigungsminister, es klapperten die Zähne der Rüstungsindustrie-Vertreter.

Vor allem aber nahmen die Angst-Verstärker in den Medien sofort den Kampf auf: Die westliche Welt erbebte in ihren Grundfesten. Denn im bedeutenden Land Litauen soll eine E-Mail gesichtet worden sein, gelesen gar und über den SPIEGEL der Weltöffentlichkeit weitergegeben: „Nach SPIEGEL-Informationen streuten Unbekannte vor einigen Tagen durch gezielte E-Mails Gerüchte, dass deutsche Soldaten bei ihrem Einsatz in dem baltischen Land eine Minderjährige vergewaltigt hätten.“ Unbekannte streuten! Gezielt! Und in einer ersten Fassung wusste der SPIEGEL auch wer hinter der E-Mail steckte: "Russland attackiert Bundeswehr mit Fake-News-Kampagne"

Die brutale Information über die brutale Attacke der brutalen Russen schlug in den deutschen Redaktionen ein wie eine Bombe. Da gerade keiner zum Entschärfen da war, wurde der einmal geworfene Sprengsatz einfach weitergeworfen: Der TAGESSCHAU-Staatsfunk wußte aus der russischen Nirwana-Bedrohung eine Schlagzeile zu schnitzen: „Mit Fake News gegen die Bundeswehr“.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE, das Blatt der Immer-Besser-Verdienenden, beklagte schon die ersten Opfer im Kampf der E-Mails, denn „das deutsche Truppenkontingent (sei) Opfer einer Fake-News-Kampagne geworden.“ Der TAGESSPIEGEL, Zentralorgan des ewigen West-Berliner Rentners, konnte flugs die Kriegsministerin zitieren: Es sei gut „dass wir jetzt die Muster kennen und schnell reagieren können“. Was wird sie tun? E-Mails über der Krim abwerfen? Russische U-Boote in Mails ertränken?

Die einstmals seriöse BADISCHE ZEITUNG zitierte den verteidigungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, der von einer "perfiden Propagandageschichte" erzählen konnte. Und auch: "Es ist damit zu rechnen, dass Deutschland daher auch in Zukunft zur Zielscheibe von Propagandaangriffen wird“. Ab heute wird zurückge-mailt!

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Jakob Augstein & Nikolaus Blome bei Phoenix

Trump, Trump, Trump...!

von Christian Jakob

Als ob es kein anderes Thema in den letzten Tagen und Wochen geben würde. Mit einer beispiellosen und noch nie da gewesener Penetranz haben sich die deutschen Medien gefühlt auf nur dieses eine Thema eingeschossen. Andere Themen sind nur noch als Rahmenprogramm vorgesehen. Sie gehen schier im Blitzlichtgewitter unter, wenn alles auf Uncle Sam in persona Donald Trump schaut, Da zappe ich virtuell im Internet durch die Mediatheken diverser Sender und bleibe bei der 15-minütigen Diskussionsrunde von Augstein & Blome auf Phoenix hängen. Und natürlich, wie könnte es anders sein, ebenso wie bei Sandra Maischberger, Maybrit Illner, Anne Will und Konsorten dreht sich alles um die immens wichtigen Entscheidungen aus Washington und dem gewählten Multimilliardär. Der Titel der schnellen Rederunde ist in Anlehnung an einen alten Klassiker von Stanley Kubrik gehalten und lautet "Dr. Trump - oder lernen wir die Bombe zu lieben". Was bei Kubrik noch als Satire durchging, wird von den beiden Protagonisten verzweifelt aber dafür mit Inbrunst versucht, dieses Niveau zu halten. Dabei ist dieses Thema alles andere als lustig, sondern bitterer Ernst.

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In bester britischer Kolonialherrschaftsmanier zu Zeiten der indischen Besatzung, wo das Vorankommen und verwalten mit Zuckerbrot und Peitsche formuliert wurde, gab Trump seinem Stellvertreter James N. Mattis (auch als MAD DOG bekannt), seines Zeichens US-Verteidigungsminister, bei seinem Besuch in Brüssel mit auf den Weg, das die NATO zwar immens wichtig für die Außenpolitik der USA sei, die Europäer jedoch bitte mehr dazu beitragen sollten, da sich sonst die amerikanischen Streitkräfte nicht mehr wie gewohnt in diesem Bündnis einsetzen werden. Und in der Tat: betrachtet man es von der rein wirtschaftlichen Seite, haben die USA sogar Recht, denn der Löwenanteil wird durch das Pentagon getragen. Primäre Zusicherung um die hoch geschlagenen Wellen bei den Europäern zu glätten, zur sekundären Rechtfertigung mit dem gehobenen Zeigefinger. Das Frau von der Leyen natürlich direkt mit auf den Zug aufspringt und die Aufrüstung der europäischen NATO, insbesondere der deutschen Bundeswehr befürwortet, war so sicher wie das Amen in der Kirche.

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Widerstand gegen rechte Professoren an der Humboldt-Universität wächst

von unseren Korrespondenten / wsws.org

An der Berliner Humboldt-Universität wächst der Widerstand unter Studenten gegen ihre rechten Professoren. Die Fachschaftsräte- und -initiativenversammlung (FRIV), der Zusammenschluss aller Fachschaftsvertretungen an der Universität, verabschiedete eine „Stellungnahme gegen rechte Positionen in der Lehre“ und setzt damit ein klares Zeichen gegen die Rechtsentwicklung und für die Meinungsfreiheit an der HU.

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Rassistische, nationalistische, antisemitische, sexistische und militaristische Positionen haben in Lehre und Forschung ebenso wie jede andere Form von Diskriminierung nichts verloren“, heißt es in der Stellungnahme. In der letzten Zeit hätten jedoch „vermehrt Dozierende der HU solche Standpunkte im universitären und öffentlichen Rahmen vertreten oder relativiert“.

Die FRIV wendet sich ausdrücklich gegen die „rechte und teilweise offen menschenfeindliche Haltung“ von drei Professoren: dem Anglistik-Professor Markus Egg, dem Professor für politische Theorie Herfried Münkler und dem Inhaber des Lehrstuhls für osteuropäische Geschichte, Professor Jörg Baberowski.

Letzterer verklagt aktuell die Bremer Studierendenschaft, weil dessen AStA seine rechten Standpunkte zitiert und kritisiert hatte. Das Statement der FRIV macht deutlich, dass Studierende nicht gewillt sind, sich den Mund verbieten zu lassen. „Wir stehen für das Recht aller Studierenden ein, Lehrende zu kritisieren und in ihrer Kritik ernst genommen und berücksichtigt zu werden“.

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IAB Studie: Zu viele Menschen sitzen dauerhaft in Hartz IV fest

Viel gefordert, wenig gefördert!

von Laurenz Nurk, Dortmund

Als im Jahr 2005 das Arbeitslosengeld II eingeführt wurde, wurde das mit dem Slogan „Fördern und Fordern“ begleitet. Aus dem Slogan hat sich mittlerweile eine Drohungs- und Strafinstrument entwickelt, wobei das Fordern an erster Stelle liegt und unglaublich viele Menschen in Hartz-IV festsitzen.

Die neue Studie des "Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung" (IAB) stellt heraus, dass von den 6,2 Millionen Leistungsbeziehern bei der Einführung der Hartz-IV-Gesetzgebung 2005 sich rund eine Million bis Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung befand. 1,5 Millionen Menschen beendeten den Bezug innerhalb eines Jahres. Innerhalb von fünf Jahren ist dies vier Millionen gelungen.

Die Studie zeigt auch, dass langer Leistungsbezug nicht automatisch gleichzusetzen ist mit langer Arbeitslosigkeit, da rund 30 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsbezieher erwerbstätig sind. Im Jahresdurchschnitt 2014 waren ca. 6,1 Mio. Personen, etwa 9,5 Prozent der Bevölkerung bis 65 Jahre im Leistungsbezug. Von 2005 bis Ende 2014 erhielten insgesamt 16,7 Mio. Personen zumindest zeitweilig Leistungen.

Die Studie "Für einige Dauerzustand, für andere nur eine Episode" von Holger Seibert, Anja Wurdack, Kerstin Bruckmeier, Tobias Graf und Torsten Lietzmann zeigt erneut, dass das Hartz-IV gescheitert ist und wir einen kompletten Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik brauchen: (nachfolgend eine verkürzte Version ohne Grafiken etc.)

"Der Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist häufig von längerer Dauer. Verfolgt man die Lebensläufe einzelner Personen, so zeichnen sich jedoch verschiedene Verlaufsmuster ab. Einige meistern den zügigen Wiedereinstieg in eine ungeförderte Beschäftigung, andere verbleiben dauerhaft im Leistungsbezug und dazwischen gibt es noch eine Reihe weiterer typischer Werdegänge. Das zeigt eine Sequenzmusteranalyse von Personen, die im Jahr 2007 in den Leistungsbezug eingetreten sind und bis zum Jahr 2014 beobachtet wurden.

Seit mehr als zehn Jahren werden Menschen, die grundsätzlich erwerbsfähig sind, und ihre Familien mit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) unterstützt, wenn sie das gesetzlich festgelegte Existenzminimum nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Im Jahresdurchschnitt 2014 waren ca. 6,1 Mio. Personen – etwa 9,5 Prozent der Bevölkerung bis 65 Jahre – im Leistungsbezug.

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Auseinandersetzung mit der AfD

Meist hohl und damit ungenügend

Deshalb hier ein Versuch der inhaltlichen Auseinandersetzung

von Albrecht Müller u. Carsten Weikamp / NDS

In der Regel wird nur pauschal kritisiert. Besonders sichtbar ist das an dem immer wieder verteilten Etikett „Populismus“. Dieses Wort ist zum Lieblingswort geworden. Und die es gebrauchen, tun so, als wäre allgemein klar, was damit gemeint ist. Das Anheften des Etiketts hat eher eine emotionale, denn eine sachliche Bedeutung. Außerdem können die Vertreter der AfD dieses Etikett nutzen, um sich als die wahren Vertreter des Volkes darzustellen. Ähnliches gilt abgemildert sogar für das Wort „Rechtspopulismus“.

Mit der Etikettierung und Stigmatisierung werden auch Menschen in die Arme der AfD getrieben, die dort eigentlich gar nichts zu suchen haben.

Der Gebrauch der Worte „Populismus“ und „Rechtspopulismus“ wie auch in anderer Variation „Linkspopulismus“ hat für die Benutzer dieser Sprache den kleinen Vorteil, sich selbst in ein gutes Licht zu stellen: Dort sind die Bösen; wir sind die Guten. Das ist die emotionale Mechanik, die dabei abläuft.

Nun aber zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD.

Die etablierten Parteien sind auf vielen Feldern der Politik nicht geeignet, die Auseinandersetzung mit der AfD zu führen. Wer zum Beispiel den Niedriglohnsektor in Deutschland maßgeblich ausgebaut hat, ist unglaubwürdig im Ringen um die „kleinen Leute“ (siehe dazu zum Beispiel auch "Gesine Schwan: Umkehren, Genossen!", ZEIT ONLINE).

Wer zum Beispiel in einigen Bereichen wie der Finanz- und Steuerpolitik die gleiche Politiklinie vertritt, ist nicht in der Lage, die Auseinandersetzung mit der AfD zu führen. Und wer zum Beispiel Militäreinsätze in anderen Ländern begonnen und weitergeführt hat wie SPD, CDU, CSU und Grüne – sie alle sind erst recht nicht geeignet, sich mit der AfD auseinanderzusetzen.

Carsten Weikamp hat sich für die NachDenkSeiten mit dem Grundsatzprogramm der AfD (PDF) intensiv beschäftigt.

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Europaparlament winkt Handelsvertrag CETA durch

Mit deutlicher Mehrheit hat das Europäische Parlament dem Handelsvertrag CETA zugestimmt - begleitet von Protesten. Weite Teile des europäisch-kanadischen Abkommens werden aller Voraussicht nach bereits im April „vorläufig“ in Kraft treten. Der Bundestag und die anderen nationalen Parlamente sollen erst später über CETA abstimmen.

408 Abgeordnete votierten mit Ja, 254 mit Nein, 33 enthielten sich. Aller Proteste der Zivilgesellschaft zum Trotz – auch heute am Tag der Abstimmung in Straßburg – gab das Europaparlament grünes Licht für den Handelspakt zwischen der EU und Kanada. Damit kann der Rat der 28 EU-Mitgliedstaaten den Teil des CETA-Abkommens, der ausschließlich unter die EU-Kompetenz fällt, vorläufig umsetzen.

Nach Auffassung von foodwatch haben die Parlamentarier einem Vertrag zugestimmt, mit dem die europäischen Demokratie nachhaltig Schaden nehmen wird. Denn CETA schränkt den gesetzgeberischen Spielraum der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten ein, hebelt das europäische Vorsorgeprinzip aus und schafft eine Paralleljustiz, bei der Investoren lediglich Rechte, aber keine Pflichten haben.

In diesen Punkten unterscheidet sich CETA nicht wesentlich von den bisher bekannten Pläne für das mit den USA verhandelte Abkommen TTIP.

Noch 40 Chancen, CETA zu stoppen!

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Kein Wohlstand für alle!? - Rezension des Buches von Ulrich Schneider

von Thomas Trares

ulrich_schneider_kein_wohlstand_fuer_alle_wie_sich_deutschland_selber_zerlegt_kritisches_netzwerk_armut_neoliberalismus_paritaetischer_wohlfahrtsverband_soziale_gerechtigkeit.jpgWohlstand für Alle“ heißt Ludwig Erhards 1957 erschienenes Buch. Dass es mit dieser Leitidee des früheren Bundeswirtschaftsministers 60 Jahre später nicht so weit her ist, kann man nun in Ulrich Schneiders neuem Buch „Kein Wohlstand für alle!?Wie sich Deutschland zerlegt und was wir dagegen tun können“ nachlesen . Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes beschäftigt sich darin einmal mehr mit der sozialen Spaltung in Deutschland, er zeigt Ausmaß und Ursachen auf und skizziert Lösungsvorschläge. Das Buch ist nun beim Westend Verlag erschienen, die Vorstellung fand bereits Ende Januar in dem kleinen, aber feinen Buchhändlerkeller in Berlin-Charlottenburg statt.

Präsentiert hat das Werk der Kölner Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge [weiterführende KN-Artikel hier und hier], der in diesem Jahr auf Vorschlag der Linken für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert[e]. „Das Buch kontrastiert zu Merkels ´Deutschland geht es gut´. Es trägt dazu bei, die Augen zu öffnen“, sagte Butterwegge. In Schneider sieht er einen „Anwalt der sozial Benachteiligten und Unterprivilegierten“. Wichtig sei, dass jemand Partei für die Armen ergreift, da diese dies in der Regel nicht selbst tun könnten.

Liest man das Buch, dann merkt man sehr schnell, dass es Schneider nicht nur um die gut 15 Prozent der Bevölkerung geht, die in Deutschland als arm gelten, sondern auch um jene rund 40 Prozent der Bevölkerung, die von der „Hand in den Mund“ leben, weil sie keine Ersparnisse bilden können, um die Leiharbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen oder all jene mit brüchiger Erwerbsbiographie, die später einmal von Altersarmut bedroht sind. Schneider sieht das Land aber nicht nur sozial, sondern auch regional gespalten. „Es gibt mittlerweile Regionen wie Bremerhaven oder Gelsenkirchen mit Hartz-IV-Quoten unter den Kindern von über 40 Prozent – eigentlich unvorstellbar“, schreibt er.

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Brandbrief einer Krankenschwester wirft Schlaglicht auf Zustände im Gesundheitswesen

von Markus Salzmann / wsws.org

Die Krankenschwester Jana Langer brachte im Januar in einem Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Unmut über die katastrophalen Zustände im deutschen Gesundheitssystem zum Ausdruck. Langers Facebook-Eintrag traf einen Nerv in der Bevölkerung. Der Beitrag wurde über 50.000 Mal geteilt und 67.000 Menschen hatten ein „Gefällt mir“ für die deutlichen Worte übrig.

Die Krankenschwester beschreibt in ihrem Post die prekären Umstände, unter denen das Pflegepersonal in deutschen Kliniken arbeitet. Sie prangert den Personalmangel, die zeitraubende Bürokratie und die präkeren Rahmenbedingungen an. „Im Grunde möchte ich einfach nur sinnvoll, professionell und ethisch vertretbar meine Arbeit verrichten“, sagte Langer in einem Interview mit dem Fernsehsender n-tv. Von dem überwältigenden Zuspruch in Netz war sie selbst überrascht.

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Der Grund dafür ist, dass immer neue Runden der Einsparungen, der Privatisierung, der Auslagerung ganzer Arbeitsbereiche und des Sozial- und Tarifabbaus in allen lebenswichtigen gesellschaftlichen Bereichen Zustände geschaffen haben wie im Gesundheitswesen. Dort steht nicht die Behandlung der Patienten, sondern das Streben nach Profit im Zentrum. Allgegenwärtige Skandale sind dabei an deutschen und europäischen Kliniken beinahe schon an der Tagesordnung.

Langer weißt in ihrem Brief auf den Umstand hin, dass jeder Aufenthalt „zur tödlichen Falle werden“ kann. „Innerlich gekündigtes Personal, schlecht bezahlte Hilfskräfte mit entsprechender Motivation, überarbeitete und übermüdete Pflegekräfte, die nur noch versuchen, den größten Schaden abzuwenden, sind alltägliche Bilder in jeder Klinik von Deutschland.

Diese Beschreibung trifft es recht genau. In den Kliniken Europas sterben einer jüngeren Studie zufolge hochgerechnet 91.000 Patienten pro Jahr an sogenannten Krankenhausinfektionen. Die Studie geht von insgesamt 2,6 Millionen Infektionen aus, die sich Patienten in einer Klinik zugezogen haben. Zu den häufigsten Krankenhausinfektionen gehören Lungenentzündungen und Harnwegs- und Wundinfektionen, wie Forscher im Fachblatt PLOS Medicine berichten.

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Beschäftigtendatenschutz: EU-Anpassungsgesetz verschlechtert den Datenschutz

von Laurenz Nurk, Dortmund

Die Bundesregierung will die EU-Datenschutz-Grundverordnung in deutsches Recht übertragen. Der beschlossene Entwurf stößt auf scharfe Kritik. Der Datenschutz-Experte Prof. Dr. Peter Wedde sieht große Gefahren. Arbeitgeber könnten per Betriebsvereinbarung die Rechte der Beschäftigten beschneiden.

Am 1. Februar hat das Bundeskabinett den »Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU)« beschlossen. Vorbehaltlich seiner Verabschiedung würde dieses Gesetz ab dem 25. Mai 2018 insbesondere das heute geltende Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ersetzen.

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Dazu 4 Fragen an Dr. Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der "Frankfurt University of Applied Sciences" (FRA-UAS) und wissenschaftlicher Leiter des "Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung" (kurz d+a consulting GbR) in Eppstein:

1. Wie sieht es mit dem Beschäftigtendatenschutz aus? Gilt § 32 BDSG mehr oder weniger weiter?

Prof. Dr. Peter Wedde: Der Beschäftigtendatenschutz wird künftig durch § 26 DSAnpUG-EU geregelt. In der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, dass die neue Vorschrift die Regelung des derzeit geltenden § 32 BDSG fortführt. Tatsächlich geht die Neuregelung aber weit über das bis zum 24. Mai 2018 geltende Recht hinaus. So wird beispielsweise die Verarbeitung von Beschäftigtendaten für die Erfüllung einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ausdrücklich zugelassen, ohne dass zugleich ein Mitbestimmungsrecht zum Datenschutz geschaffen wird.

Auch die Verarbeitung der Gesundheitsdaten von Beschäftigten zur Beurteilung ihrer Arbeitsunfähigkeit durch »ärztliches Personal« wird durch § 22 Abs. 1 b) des Gesetzentwurfs zu pauschal legitimiert.

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Nach Trump-Start: Mehr NATO, mehr Rüstung!

von Ulrich Gellermann, Berlin

Ob es hilft, das rituelle Gesülze über die „gemeinsame Basis, die gewachsen ist über all die Jahre", und über "die gemeinsamen Werte, die uns tragen“? Jene Standardformeln zur falschen deutsch-amerikanischen Freundschaft, die Frau von der Leyen nach ihrem Besuch bei James N. Mattis, dem neue US-Kriegsminister, beschwor. Denn die Angst geht um im NATO-Land, seit Donald Trump, der neue US-Präsident, quietschende Töne des amerikanischen Isolationismus in die blaue Luft des atlantischen Himmels geblasen hat. Doch von der Leyen machte aus der Unsicherheit flugs eine neue Perspektive: „Deutschland ist bereit, den europäischen Pfeiler der NATO zu stärken.

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Erst jüngst, bei einem Besuch der deutschen Truppe in Litauen, konnte die Rüstungs-Ministerin nicht an sich halten: „Litauen wird nie wieder alleine stehen“, erzählte sie den beflissenen Kameras protokollierender Sender. Das letzte Mal, als die Deutschen Litauen nicht alleine stehen ließen, hat das etwa 200.000 litauischen Juden das Leben gekostet. Davon war natürlich nicht die Rede. Lieber sangen Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite und ihre deutsche NATO-Freundin chorisch das Lied von der russischen Bedrohung: Von einer "aggressiven Militarisierung" der Region um Kaliningrad.

Na klar, wenn die Russen ihre Truppen im eigenen Land bewegen, um den NATO-Aufmarsch auf breiter Front zu kontern, dann ist das bedrohlich. Nach dieser verdrehten Logik muss die NATO noch mehr Truppen noch näher an die russische Grenze verlegen. Und deshalb erklärte die Beschaffungs-Ministerin gleich vor Ort, fast in Sichtweite des russischen Kaliningrad, es sei "klar, dass Europa in seine Fähigkeiten mehr investieren muss“.

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Bundeswehr: Der neue Werbefeldzug

von Michael Schulze von Glaßer

Sowohl quantitativ als auch qualitativ wartet die aktuelle Nachwuchswerbe- und Öffentlichkeits-Kampagne der Bundeswehr mit immer neuen Maßstäben auf: Es gibt Werbung in den Medien, von taz bis BILD und Fernsehen, in vielen Städten riesige Bundeswehr-Werbeplakate und eine Rekrutierungs-DokuSoap, die auf YouTube hunderttausende junge Menschen erreicht. Doch die immer skrupellosere Armee-Werbung stößt auch auf Kritik.

Die Bundeswehr hat ein Problem. Ihr fehlt der Nachwuchs. Von Januar bis November 2016 waren durchschnittlich nur 9.686 "Freiwillig Wehrdienstleistende" in der Truppe - eine Zahl, weit entfernt von den 15.000 neue Rekrutinnen und Rekruten, die für die Bundeswehr das jährliche Optimum darstellen würde. [1] Und so wurde auch das Ziel 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten am Jahresende 2016 vorzuweisen, knapp verfehlt. [2]

Wie groß die Nachwuchssorgen der Bundeswehr sind, konnte erst kürzlich in zahlreichen Artikeln über die Ankündigung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die Truppe in Zukunft auch für Menschen ohne Schulabschluss, ältere BewerberInnen ab 30 Jahren sowie Menschen ohne deutschen Pass, gelesen werden. [3]

Damit setzt das Ministerium das um, was bereits 2010 von der regierungsnahen "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) erdacht wurde. Die Zukunftsforscherin Wenke Apt stellte damals in einem Papier mit dem Titel "Demographischer Wandel als Rekrutierungsproblem? - Regionale Ungleichheit und unerschlossene Potentiale bei der Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr" (siehe PDF im Anhang) fest:

"Während die deutsche Bevölkerung zunehmend durch Alterung, Schrumpfung, regionale Unterschiede und ethnisch-kulturelle Heterogenisierung gekennzeichnet ist, fragt die Bundeswehr junge, leistungsfähige Rekruten mit deutscher Staatsbürgerschaft nach. [. .] Zum einen könnte man das Rekrutierungspotential auf Personen ausdehnen, deren physische und kognitive Fähigkeiten zunächst noch unzureichend sind, jedoch dem soldatischen Anforderungsprofil angeglichen werden können. Zum anderen wäre daran zu denken, bisher unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen (Frauen sowie ethnische, kulturelle und religiöse Minderheiten mit deutscher Staatsbürgerschaft) verstärkt anzuwerben und bislang ausgeschlossene Gruppen (Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sowie Ältere) zu legitimieren." [4]

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Schulprivatisierung per Grundgesetz

von Carl Waßmuth / Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.

In knapp sechs Wochen will der Bundestag über eine umfangreiche Grundgesetzänderung entscheiden. Kommende Woche findet im Bundestag dazu die erste Lesung statt. Das Grundgesetz soll an insgesamt 14 Stellen geändert werden. Dieses enorme Änderungspaket wurde bisher kaum diskutiert, und wenn, dann unter dem Aspekt einer Autobahnprivatisierung, die damit ermöglicht wird.

Tatsächlich enthalten die Grundgesetzänderungen zusammen mit dem Begleitgesetz auch einen Baustein, der die Privatisierung im Schulbau enorm beschleunigen könnte. Nachfolgend eine Zusammenstellung der Hintergründe.

► Hilfe vom Bund für finanzschwachen Gemeinden

Viele Schulgebäude und andere Bildungseinrichtungen bundesweit leiden unter einem Sanierungsstau. Verarmte Kommunen sparen an der Instandhaltung, mit zunehmenden Folgen für den Gebäudebestand. Bildungsfragen sind jedoch Ländersache, es besteht zwischen Bund und Ländern in vielen diesbezüglichen eine auch „Kooperationsverbot“ genannte Aufgabetrennung. Dieser von vielen Seiten kritisierte Grundsatz soll zwar nicht aufgehoben, aber doch gelockert werden. Es ist zu befürchten, dass die Bundesregierung in diesem Zuge versucht, Anliegen der Bildungsförderung zu nutzen, um Öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) einen Zugang zu Fördergeldern des Bundes zu verschaffen, derzeit sieben Milliarden Euro.

Die Gefahr einer gezielten Förderung von ÖPP durch die neue Grundgesetzänderung zeigt sich in den folgenden Schritten:

Nach Artikel 104b GG soll folgender Artikel 104c eingefügt werden: „Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der finanzschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. Artikel 104b Absatz 2 und 3 gelten entsprechend.

Das hat womöglich ein berechtigtes Kernanliegen. Die Länder „veruntreuen“ bisher Bildungsgelder, indem sie sie in den allgemeinen Haushalt einfließen lassen, statt sie gezielt z.B. Schulen und Kindergärten zu widmen. BildungspolitikerInnen, die auf Bundesebene aktiv sind, suchen daher schon länger nach Möglichkeiten, die sicherstellen, dass der Bildung gewidmete Gelder auch bei denen ankommen, die Bildung benötigen.

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PULVERFASS NAHOST - isw report 107/108

von Karin Kulow, Fred Schmid, Kerem Schamberger, Claudia Haydt

karin_kulow_fred_schmid_kerem_schamberger_claudia_haydt_pulverfass_nahost_isw_kritisches_netzwerk_naher_mittlerer_osten_syrien_rojava_kurden_islamischer_staat_russland_tuerkei.pngDer isw-Report 107/108 setzt sich mit einer der brisantesten Fragen unserer Tage auseinander: Wie wird der Kampf um die Region des Nahen und Mittleren Ostens, wo mit Öl und Gas global-strategisch wichtige Ressourcen lagern, weitergehen? Gibt es Chancen für einen Weg zum Frieden? Oder brennt die Lunte am Pulverfass Nahost bis zu dem Punkt weiter, wo die Kriege in noch größere, in internationale Dimensionen explodieren würden?

Karin Kulow untersucht die Entwicklung von den Tagen des Sykes-Picot-Abkommens im Ersten Weltkrieg an, als England und Frankreich die imperialistische Gestaltung des Nahen Ostens festlegten. Diese westliche Strategie legte das Fundament für das heutige Desaster, wo Bürgerkriegsparteien und imperialistische Kräfte die Spirale von Gewalt und Gegengewalt anheizen. Kulow plädiert dafür, in der Region einen Paradigmenwechsel in Richtung eines friedlichen Miteinanders durchzusetzen. Ein sinnvoller Beginn wäre die Einführung eines rigorosen Waffenlieferungsstopps.

Fred Schmid führt vor, wie sich Öl und Erdgas auf die einzelnen Staaten im Nahen Osten verteilen, und wie die beiden Hauptförderer, Saudi-Arabien und der Iran, sich im Kampf um die regionale Vorherrschaft gegenüberstehen und selbst Gegenstand imperialistischer Einflussnahme sind. Es geht, so sein Fazit, um die Kontrolle der Verteilungsströme und Marktzugänge, um die Hegemonie über die Region, in der die größten Energieschätze der Erde lagern.

Kerem Schamberger setzt sich auseinander mit den „Kurden als neuer alter Akteur im Machtgefüge des Nahen Ostens“. Im Ergebnis des Ersten Weltkriegs wurde die kurdische Bevölkerung über vier Nationalstaaten verteilt, die meist eine antikurdische Politik verfolgten: Türkei, Syrien, Irak und Iran. Im Norden Syriens haben die Kurden in Rojava eine selbstverwaltete Zone organisieren können. Gegen den Vorwurf, die Kurden hätten so in Syrien der ausländischen Intervention die Tür geöffnet, führt Schamberger ins Feld, die Kurden hätten zwischenimperialistische Widersprüche ausgenützt, um die eigene Emanzipation voranzubringen.

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Gefahr für die Mitbestimmung in Deutschland durch den EuGH

von Laurenz Nurk

Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat ein Kleinaktionär des Reisekonzerns TUI gegen das deutsche Mitbestimmungsrecht Klage eingereicht. Der Kläger argumentiert, Auslandsbeschäftigte deutscher Unternehmen würden diskriminiert, weil sie bei den Wahlen der Beschäftigtenvertreter für den Aufsichtsrat nicht mitstimmen dürfen.

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In Deutschland beschäftigt der Reisekonzern TUI rund 10.000 Mitarbeiter, in anderen EU-Mitgliedstaaten sind es etwa 40.000. In solchen großen Unternehmen wählen die Beschäftigten ihre Vertreter im Aufsichtsrat. Wahlberechtigt sind nur die Beschäftigten in Deutschland, die Belegschaften der Auslandsfilialen dürfen nicht mit abstimmen. Das hat einen einfachen Grund: Deutschland kann für andere Ländern keine Regelungen zur Aufsichtsratswahl erlassen.

Mitbestimmungsgegner leiten daraus ab, dass die Mitbestimmung im Aufsichtsrat die Beschäftigten nicht in legitimer Weise repräsentiere und daher abgeschafft werden müsse. Sie berufen sich unter anderem darauf, dass Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit in Europa verboten ist. So argumentiert auch ein TUI-Kleinaktionär, weil Beschäftigten im Ausland weder das passive noch das aktive Wahlrecht zusteht und sie bei den Wahlen der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat nicht mitbestimmen. Das sei eine unzulässige Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit und eine ungerechtfertigte Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit.

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Es gibt viel zu verdrängen – packen wir es an!

von Franz Witsch, Hamburg

erde_earth_weltkugel_kollaps_zerstoerung_destruction_katastrophe_erderwaermung_klimaschutz_klimawandel_treibhauseffekt_treibhausgas_glashauseffekt_kritisches_netzwerk.pngDie Welt zerfällt vor unseren Augen“. So zitiert Telepolis-Autor Roland Benedikter gleich zu Beginn eines Artikels den französischen Botschafter in den USA, Gérard Araud, als bekomme die Aussage ihren Tatsachenwert dadurch, dass sie aus dem Munde eines Repräsentanten des politischen Systems kommt. Das muss nicht für analytische Substanz sprechen, auch wenn er Recht hat: die Symptome, dass die Welt am Ende ist, drängen sich selbst schlichten und naiven Gemütern auf.

Und lassen die Menschen nicht gleichgültig; sie spüren den Niedergang zu ihrem Leidwesen, vermögen ihn kaum mehr zu verdrängen und tun es dennoch, sozusagen durch die Hintertür, durch die Art, wie sie ihr Leiden, ihre Angst kommunizieren. Das beginnt mit der Ursachenfindung: die meisten Bürger verwechseln Symptom und Ursache in Übereinstimmung mit den Eliten aus Mainstream-Medien, Wirtschaft und Politik. Symptome beschleunigen zweifellos den Niedergang, mehr oder weniger, ohne indes eigentliche oder tiefere Ursache zu sein.

Das schließt die Behandlung von Symptomen keineswegs aus, z.B. Bemühungen um uneingeschränkte Ächtung von Kriegen oder die Vermeidung von Finanzkrisen oder Schuldenblasen, welche, wenn sie denn platzen, Konjunktureinbrüche zu Monster-Einbrüchen verstärken würden.

 Man macht es sich zu einfach, Symptome, sie mögen noch so schmerzhaft sein, zu tiefergehenden Ursachen des Niedergangs zu stilisieren. Genau das machen Politiker und Wirtschaftsführer, Repräsentanten des Systems zusammen mit der veröffentlichten Meinung. Und genau das macht der Telepolis-Autor Roland Benedikter in seinem viel zu langen Artikel.

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Maastricht-Jubiläum: 25 Jahre Institutionalisierung des Neoliberalismus

von Andrej Hunko

andrej_hunko_fraktion_die_linke_bundestag_linkspartei_neoliberalismus_vertrag_lissabon_maastricht_kritisches_netzwerk_kapitalismus_eurokritik_euroskepsis_drohnen_eu-skepsis.jpg25 Jahre ist es her, dass die damals zwölf Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft den Vertrag von Maastricht unterzeichneten. Er sollte den Grundstein für die EU legen und hatte als maßgebliches Ziel die Etablierung des Euro. Dieses Ziel wurde erreicht. Und so feiern 2017 die wirtschaftlichen Eliten der EU den Maastricht-Vertrag als Erfolgsgeschichte. Für die Linke in Europa ist heute hingegen genauso klar wie damals: dass es nicht viel zu feiern gibt.

Der Vertrag von Maastricht – und in seiner Folge der Lissabon-Vertrag – steht einem sozialen und solidarischen Europa entgegen, da er als Grundlage für die Institutionalisierung des Neoliberalismus auf europäischer Ebene gesehen werden muss. Statt auf Kooperation hat er auf Wettbewerb gesetzt und die Mitgliedsländer gegeneinander ausgespielt. Er ist damit eine Ursache für den Sozialabbau, Steuerdumping und den Abbau von Beschäftigtenrechten.

Darüber hinaus ist er eine Ursache für die Eurokrise. Eine der zentralen Bestimmungen des Maastricht-Vertrags war die Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU). Hierfür wurden sogenannte Konvergenzkriterien festgelegt, die den Regierungen strenge Vorschriften in Bezug auf die Staatsfinanzen machten – heute bekannt als Maastricht-Kriterien. Relativ willkürlich wurden beispielsweise Grenzen für den Schuldenstand und die Neuverschuldung festgesetzt, die keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhalten. Sie waren die Basis für das Primat der Haushaltskonsolidierung in der EU-Politik, welche die Bedürfnisse einer kleinen kapitalistischen Elite über die der Bevölkerung stellt.

Es war der Versuch, einen Kontinent über eine gemeinsame Währung zu vereinen: Ungeachtet der normalen ökonomischen Schwankungen und der stark unterschiedlichen Beschaffenheit der Volkswirtschaften wurde die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Binnenmarkt und in der globalen Wirtschaft zum wichtigsten Ziel.

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DER SPIEGEL ruft zum „Widerstand“ gegen Trump auf

von Johannes Stern / wsws.org

der_spiegel_online_klaus_brinkbaeumer_leitmedium_propaganda_hetzblatt_russophobie_kritisches_netzwerk_medienherrschaft_mediokratie_kriegspropaganda_volksverhetzung_trump_putin.jpgRund zwei Wochen nach dem Amtsantritt von Donald Trump werden die Forderungen von deutschen Politikern, Wirtschaftsvertretern und Medien, Berlin müsse den USA entgegentreten und die eigenen Interessen in Zukunft auch gegen den Hauptverbündeten der Nachkriegszeit durchsetzen, immer aggressiver.

Der jüngste Höhepunkt ist die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL. Das Cover zeigt Donald Trump mit einem blutigen Schlachtermesser, der in der Pose eines IS-Kämpfers den abgeschlagenen Kopf der amerikanischen Freiheitsstatue in die Luft hält. Darunter steht „America First“. Der Leitartikel der gleichen Ausgabe mit dem Titel „Nero Trump“ vergleicht den amerikanischen Präsidenten mit dem „Kaiser und Zerstörer Roms“ und bezeichnet ihn als einen „brachialen Choleriker“, „pathologischen Lügner“, „Rassisten“ und „Tyrannen“.

Die Botschaft des SPIEGEL ist klar: Trump steht für Krieg, Zerstörung, Fremdenhass und Diktatur – also wird Deutschland „gemeinsam mit asiatischen und afrikanischen Partnern“ und „zusammen mit Partnern in Europa, mit der EU“ den „Widerstand vorbereiten“ und sich „gegen den 45. Präsidenten der USA und dessen Regierung stellen müssen“.

Die Pläne des SPIEGEL erinnern an den deutschen Größenwahn früherer Zeiten. Bislang habe die „deutsche Führungsrolle“ ja bereits „durchaus eine Politik gegen die Interessen anderer europäischer Länder“ vorgesehen. Nun müsse „die wirtschaftlich und politisch dominierende Demokratie Europas“ aber „diverse Lücken schließen, die Amerikas Ausstieg aus der alten Weltordnung… reißen wird“, und „eine Allianz gegen Donald Trump aufbauen“.

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USA will die Krim zurück

Neuer Vorstandsvorsitzender, altes Geschäftsmodell

von Ulrich Gellermann, Berlin

nikki_nimrata_haley_us_ambassador_united_nations_republicans_kritisches_netzwerk_vereinte_nationen_abortion_rights_bds_trump_krim_crimea_sanktionen_russland_russia.jpgDie Krim, das weiß doch fast jeder, ist altes amerikanisches Gebiet. Deshalb hat die neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, auch klar gemacht, dass die Sanktionen gegen Moskau bis zur Rückgabe der „annektierten“[1] Halbinsel Krim bestehen bleiben werden. Und zwar soll die Krim der Ukraine gegeben werden, so wie einst Nikita Chruschtschow in einer Wodkalaune die Krim an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (USSR) verschoben hat. Aber wenn die Ukraine erstmal in der NATO ist, spielt das für die USA keine Rolle mehr.

Was eine Rolle spielt: Von Sewastopol auf der Krim, dem Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, sind es nur noch 1.273,07 Kilometer bis nach Moskau. Von Sewastopol aus könnten in aller Ruhe diese und jene „BGM-109 Tomahawk“, wunderbare raketengetriebene Lenkwaffen, auf Moskau abgefeuert werden. Von diesen Dingern hat die US Navy genug auf Reserve, um den Moskauer Himmel zu verfinstern. Natürlich auch mit atomaren Gefechtsköpfen. Erst im Oktober 2016 wurden Tomahawk-Marschflugkörper gegen Ziele im Jemen eingesetzt. Der Start erfolgte vom Zerstörer USS Nitze aus gegen Radarstationen der Huthi. Wahrscheinlich ist der Jemen auch altes amerikanisches Gebiet.

Das Gebiet der Ukraine scheint vorläufig die US-Filialleiterin Angela Merkel zu übernehmen. Jedenfalls redete die Dame so, als sie jüngst ihren Kiewer Stellvertreter, Petro Poroschenko, in Berlin traf: „Ich möchte ausdrücklich die Reformen, die in der Ukraine durchgeführt wurden, begrüßen“ und Merkel fuhr fort: „Wir unterstützen diese Schritte der ökonomischen Umordnung und der Umordnung des gesamten Staates natürlich durch deutsche Beratung“. Umordnung? Bankenpleiten, Korruption, Inflation in der Ukraine: Das klingt eher nach Un- statt nach Um-Ordnung. So also sieht deutsche Beratung aus.

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Wladimir Putin und Donald Trump – ein Gespann?

Ein Versuch hinter die Worte zu blicken

Ja, möchte man sagen – und doch nein. Ungeachtet unterschiedlicher persönlicher und politischer Profile sind Donald Trump und Wladimir Putin ein Gespann, notgedrungen, ob sie es wollen oder nicht. Und sind es doch nicht.

Beide sind vor einen Wagen gespannt, dessen Räder im Sumpf ungelöster globaler Probleme und Aufgaben zu versinken drohen. Sie selbst und die hinter ihnen stehenden „Eliten“ sind ratlos, wie sie mit der aus allen Fugen schießenden globalen Expansionsdynamik, der wachsenden Ungleichheit zwischen den wenigen Profiteuren dieser Entwicklung und der bedrohlich wachsenden Zahl Benachteiligter, Ausgegrenzter, „Überflüssiger“, Marx würde sagen, überflüssig gemachter Paupers  (= Verelendung der Massen) umgehen oder sich ihrer entledigen können. Immer ungeduldiger fordern diese Milliarden ihren Anteil am Reichtum der Welt, global und lokal. Eine Elitendämmerung kündigt sich an, wenn keine Vernunft einkehrt.

Die unipolare Weltordnung, die mit dem Ende des Kalten Krieges entstanden war, ist in wilder Bewegung. Syrien ist dafür der aktuelle Brennpunkt, wo Kämpfe um lokale Souveränität, regionale Einflusszonen und globale Vorherrschaft sich an der Grenze zum globalen Krieg überschneiden.

Denkbar wäre natürlich, dass die „Eliten“ in dieser Krisensituation, ungeachtet ihres Herkommens und ungeachtet der persönlichen Profile ihrer Vertreter und Vertreterinnen gemeinsam an einer Lösung dieses Knotens arbeiten, um ihre Ratlosigkeit zu überwinden, ja, sich vielleicht gar bereitfinden, Ratschläge und Hilfe von „unten“ zu akzeptieren, statt Milliarden von Menschen zu ohnmächtigen Zuschauern oder zu Opfern ihrer Entscheidungen zu machen.

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Unsichtbare Hände - Sklaverei heute

Die Opfer unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft

Sklaverei ist heute erschreckend aktuell und weltweit ein boomendes Geschäft, denn ohne Sklavenarbeit wäre ein Großteil unsere Produkte, die wir im Alltag konsumieren erheblich teurer.

Offiziell ist die Sklaverei in der ganzen Welt abgeschafft. Doch diese Abschaffung existiert nur auf dem Papier. Formen moderner Sklaverei sind politische Gefangenschaft, Kinderarbeit, Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die klassischen Formen der Leibeigenschaft und wirtschaftlichen Ausbeutung. Der renommierte Sklavenexperte Professor Kevin Bales von der University of Roehampton in London rechnete 2015 mit ca. 27 Millionen klassischen Sklaven weltweit.

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Die australische NGO "Walk Free Foundation" hatte bereits 2013 und 2014 einen faktenreichen "Global Slavery Index" herausgegeben, in deren 2016er Ausgabe mit 216 Seiten spricht WFF bereits von geschätzten 45,8 Millionen Menschen, die auf die ein oder andere Weise Opfer moderner Sklaverei geworden sind. Dazu kommen laut diversen Hilfsorganisationen mehr als 100 Millionen Menschen, die in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben.

Die Wenigsten vermuten, dass Produkte, die sie in Supermärkten und Warenhäusern kaufen, direkt oder indirekt aus einer Sklavereikultur stammen. In Wirklichkeit ist es aber so.

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Kommt nach prekär nur noch Sklaverei und Schuldknechtschaft?

von Laurenz Nurk

Für die Sicherheit der reichen Menschen, die abgeschirmt in eigenen Trutzburgen in den Stadtteilen leben, muss immer mehr Aufwand getrieben werden, damit die „überflüssigen“ Menschen, deren Arbeitskraft nicht mehr benötigt wird, ihnen nicht zu nahekommen.

Doch wird es immer schwieriger, sie in Schach zu halten. Gleichzeitig versuchen die Menschen aus ihrer prekären Lage herauszukommen. In immer zahlreicher werdenden Regionen des globalen Südens versuchen die Menschen mit Hilfe von Verschuldung ihre Situation zu verbessern und nehmen Kredite auf. Diese Verschuldung ist mittlerweile der erste Schritt in die Sklaverei geworden.

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Die Schuldknechtschaft ist der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, sie stellt heute aber die am weitest verbreitete Methode zur Versklavung von Menschen dar. Die globale Ökonomie hat eine weltweite Nachfrage geschaffen, bei der die Unternehmen den Globus nach unregulierten Arbeitsmärkten absuchen, um von den niedrigsten Löhnen profitieren zu können.

Schätzungen der "Internationalen Arbeitsorganisation" (ILO) gehen derzeit von weltweit 21 Millionen Sklaven und die "Anti-Slavery-International" gar von 27 Millionen betroffenen Menschen aus. Diese moderne Sklaverei, die verschönt als Menschenhandel bezeichnet wird, hat größere Ausmaße erreicht, als zur Hochzeit des atlantischen Sklavenhandels, in der über 350 Jahre 13,5 Millionen Menschen aus Afrika geraubt wurden, was bedeutet, dass es heute doppelt so viele versklavte Menschen gibt.

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Die Verteilung des Wohlstands

Ein Skandal und ein Kristallisationspunkt

von Markus Krüsemann

abstiegsgesellschaft_mittelstand_verteilung_wohlstand_verarmung_verteilgerechtigkeit_wohlstandsverteilung_armut_kritisches_netzwerk_abgehaengte_prekariat_survival_of_the_fittest.pngDie Umverteilung nach oben ist im vollen Gange, und das bereits seit Jahrzehnten. Das hat nicht nur materielle Konsequenzen. Denn wenn der gesamtgesellschaftliche Reichtum derart unverschämt kanalisiert wird, dass den Geringverdienenden das bisschen Einkommen auch noch beschnitten wird, dann zerfällt die Gesellschaft und wird zur leichten Beute von Rechtspopulisten. Doch wo Gefahr ist, da ist auch Rettendes.

Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben sich die Realeinkommen privater Haushalte in den letzten 23 Jahren um 12 Prozent erhöht. Klingt doch beruhigend, oder? Klingt doch nach „Uns geht es gut“. Nichts könnte falscher sein, denn die Fortsetzung der Aussage lautet: Das Bruttoinlandsprodukt hat im gleichen Zeitraum sogar um 22 Prozent zugelegt. Ein frappanter Unterschied, der Fragen aufwirft. Warum haben die Privathaushalte nicht mehr vom Reichtum abbekommen, den ihre Mitglieder ja maßgeblich selbst erwirtschaftet haben? Die Kapitalgesellschaften wissen um die Gründe, die sie gerne verschleiern bzw. verschleiern lassen. Doch das ist erst der Anfang des Skandals.

Zwischen den unterschiedlichen Einkommensgruppen haben sich dramatische Verwerfungen aufgetan. Die Hoch- und Bestverdienenden (die obersten zehn Prozent bei den Haushaltseinkommen) werden davon nichts mitbekommen haben. Ihre verfügbaren Realeinkommen stiegen im genannten Zeitraum ja recht üppig, um knapp 27 Prozent, um genau zu sein. Da hat sich eine gut situierte Bevölkerungsgruppe offensichtlich das größte Stück vom Kuchen abschneiden können. Und da taucht denn auch das oben angeschnittene Thema in Form von Einkommen aus Kapitalanlagen und aus Selbständigkeit wieder auf. Ihr kräftiges Wachstum bildet die Grundlage für das Phänomen der immer reicher werdenden Reichen.

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Martin Schulz als Wirtschafts- und Sozialpolitiker: Wickelwackel!

von Charles Pauli / isw München

Martin Schulz ist nun also Kanzlerkandidat der SPD. Gesucht wird in der Presse deshalb unter anderem sein wirtschaftspolitisches Profil. Die Sache scheint schwierig zu sein. So schreibt die Wirtschaftswoche: „In Wirtschaftsfragen fiel Schulz bislang kaum auf.“ Die SZ dagegen sieht das ganz anders und meint: „…allerdings äußerte er sich in der Vergangenheit deutlich zu wirtschaftlichen Fragen.

Wenn sich also schon die Presse nicht einig ist, ob es bei Schulz überhaupt einen wirtschafts- und sozialpolitischen Standpunkt auszumachen gibt, sieht das eher nicht nach klarer Kante aus. Klar ist allerdings eins: Linkssozialdemokratisch ist Schulz nicht.

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Schulz war, soweit man weiß, ein Befürworter der Agenda 2010. Er ist seit 1999 Mitglied im Parteivorstand der SPD und Mitglied im Parteipräsidium, hat also an der neoliberalen Schröderisierung der Partei mitgewirkt.

In der Zeit ab 2000 wird er als Zentrist portraitiert, der die Auseinandersetzungen zwischen dem linken und rechten Flügel der SPD entschärfen wollte. Allerdings stoßen wir bezüglich der Agenda 2010 bereits auf ein erstes Ja-aber. So soll sich Schulz 2006 gegen geplante Verschärfungen von Hartz IV ausgesprochen haben. Bekannt ist des Weiteren, dass er ein Anhänger des Mindestlohnes ist und sich für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausgesprochen hat.

Viel ist das alles nicht. Als vehementer Kritiker der zunehmenden Ungleichheit in Deutschland ist der Kandidat, der jetzt das Thema soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt des Wahlkampfes stellen will, nie hervorgetreten oder gar konkret geworden.

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Die USA, der IS und Saudi-Arabien

von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“

Wie sein Vorgänger Obama hat auch US-Präsident Donald J. Trump die Vernichtung des Islamischen Staates (IS) zu einer seiner vordringlichsten Aufgaben erklärt. Die Mitglieder der Terrororganisation müssten „ausradiert werden und von der Oberfläche der Erde verschwinden“. Ihre Verbrechen seien so schwerwiegend, dass auch der Einsatz von Folter gegen sie gerechtfertigt sei.

Wie sein Vorgänger Obama hat Präsident Trump weder im Wahlkampf, noch seit seiner Amtseinführung auch nur ein einziges Wort gegen das Herrscherhaus in Saudi-Arabien gerichtet, obwohl dessen systematische Menschenrechtsverletzungen denen des IS in nichts nachstehen. Unter dem Regime des Hauses von Saud sind die Amputation von Gliedmaßen, das Köpfen, das Erhängen und die Steinigung als Strafe für Vergehen gegen die fundamentalistisch ausgelegten Vorschriften der Scharia an der Tagesordnung.

Dass der IS und das saudische Königshaus trotz der Übereinstimmung in ihren Grundwerten von den USA unterschiedlich behandelt werden, hat seinen Grund: Saudi-Arabien ist seit Jahrzehnten der engste Verbündete der USA im Nahen Osten und genießt deshalb trotz aller Verbrechen Washingtons uneingeschränkte Solidarität. Der IS dagegen dient den USA als Vorwand für ihre Militäreinsätze im Nahen Osten und wird deswegen zu deren Rechtfertigung ständig als Hort des Bösen angeprangert.

Interessant ist neben der doppelten Moral, die sich hinter dieser Politik verbirgt, die Tatsache, dass der IS und Saudi-Arabien außer ihrem religiösen Fanatismus und ihrer Verachtung für die Menschenrechte eine entscheidende Gemeinsamkeit aufweisen: Beide wären ohne das Mitwirken der USA niemals zu dem geworden, was sie sind. Außerdem besteht zwischen beiden eine oft übersehene und sehr aufschlussreiche Wechselbeziehung.

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Merkels Hilfe für Erdoğan

Eine Wahlkampf-Reise in die Türkei

von Ulrich Gellermann, Berlin

Angela_Merkel_CDU_Bundesmutti_Raute_Bundeskanzlerin_TTIP_Freihandelsabkommen_cancellor_Handygate_alternativlos_Wachstum_Stasi_Putin_Ukraine_Uckermaerkerin_DDR_FDJ_Eurokrise_CETA.jpgOb sie nach dem Telefonat mit Trump einen Lachanfall hatte, die Kanzlerin? Als sie ihm erzählte, dass sie gegen ein Einreiseverbot für Menschen aus „bestimmten Ländern und Menschen mit einem bestimmten Glauben“ sei? Oder hatte sie einfach in ihrer frisch gebügelten Sicht auf die Welt vergessen, welcher Religion die Flüchtlinge angehörten, die im letzten Jahr mit ihrer Billigung an der Flucht über die Balkanroute gehindert wurden?

All die Menschen aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak, die vor Krieg und Elend nach Deutschland fliehen wollten, waren natürlich Muslime. Und es waren ebenfalls Muslime, die von der Europäischen Union, orchestriert von der Meisterin aus Deutschland, in einem „Rücknahme-Abkommen“ mit der Türkei an den EU-Grenzen festgehalten wurden. Das Einreiseverbot stand. Die Mauer gegen die Flüchtlinge war gebaut. Frau Merkel hatte die Schluss-Steine mit eigener Hand poliert. Aber weil der neue Chef des US-Imperiums nicht nur ungehobelt ist sondern auch manches anders zu machen behauptet als gewohnt, konnte sich die Kanzlerin als Mutter Theresa der Muslime aufspielen. Und das am Vorabend ihrer Wallfahrt zum türkischen Diktator.

Die von  Recep Tayyip Erdoğan willkürlich aus dem Staatsdienst Entlassenen werden nicht mehr gezählt: Zuviel. Die Verhaftungen im Rahmen des türkischen Staatsstreichs von oben: Willkürlich. So wie im Fall eines Kantinenwirts, der zu sagen gewagt hatte: „Also wenn Erdoğan kommt, kriegt der von mir keinen Tee“. Die Ziffer der Gefolterten? Dunkel. Wie die Gefängnisse des Erdoğan-Reich.

Düster auch das Erdoğan-Netzwerk in Deutschland: Andersdenkende werden bespitzelt und denunziert. Es ist das Diyanet İşleri Başkanlığı, die staatliche Regierungsbehörde, dem Ministerpräsident unterstellt, die in den deutschen Moscheen Erdoğan-Kritiker für das Gefängnis reif macht. Diyanet-Chef Mehmet Görmez nennt das Vorgehen der Religions-Polizei fürsorglich „Schutz“. Mit 1,8 Milliarden Euro jährlich aus Ankara ist die in Deutschland operierende Moscheevereinigung DITIB ausgestattet, um die Ziele des Erdoğan-Staates umzusetzen. Zwar ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen die Vereinigung wegen Spionage, aber ernsthafte Schritte wurden bisher nicht unternommen.

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Die (In)Toleranten, die Hatz und der DGB Mainz

von Marie-Luise Volk

sigmar_gabriel_spd_sozialdemokratie_sozialdemokraten_postengeschacher_kritisches_netzwerk_vizekanzler_frustration_aussenminister_europaeische_union_kerneuropa.png Da standen sie vereint am 21. Januar 2017 vor der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz und protestierten gegen die Veranstaltung der Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), vertreten durch den DGB-RLP-Vorsitzenden Dietmar Muscheid, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, (SPD) der Außenminister von Luxemburg, Jean Asselborn, und unser ach so geschätzter Wirtschaftsminister (jetzt Außenminister) Sigmar Gabriel (SPD) eröffneten die Hatz gegen die "Rechtspopulisten" in Koblenz. Das Aufgebot der Polizei war immens!

Irgendwie scheint beim DGB etwas durcheinander geraten zu sein: War es nicht Sigmar Gabriel, der zunächst so getan hat, als ob er ein Gegner der Freihandelsabkommen TTIP und CETA sein würde, um dann bei seinem berühmt- berüchtigten SPD-Parteikonvent am 19. September 2016 den Beschluss pro CETA-Abkommen durchzuwinken? Waren es nicht die etablierten Parteien, die dafür gesorgt haben, dass es jetzt in der Bevölkerung kocht?

Und der DGB Mainz scheut sich nicht, mit diesen SPD-Luftnummern öffentlich gemeinsam aufzutreten? Ja, geht’s noch?

Hat einer von den Mitläufern bei dem „Bunten Protest“ sich einmal die Frage gestellt, wer eigentlich dafür verantwortlich ist, dass wir hier in Deutschland Millionen von Hartz IV-Empfängern, über 500.000 Empfänger von Grundsicherung  und eine katastrophale Arbeitslosigkeit in Südeuropa haben? Und dass laut Oxfam inzwischen 8 Personen zusammengerechnet mehr Vermögen haben als die Hälfte der Weltbevölkerung? War der „Bunte Protest“ in Koblenz vielleicht nur ein Ablenkungsmanöver von diesen skandalösen Verhältnissen der etablierten Parteien?

Und wie kommt es, dass die etablierten Parteien (CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen) immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen wie z.B. in Afghanistan, Syrien, Irak und Mali unterstützen, wohl wissend, dass dadurch Flüchtlingselend erzeugt wird? Welche Farbe steckt denn hinter dieser Gesinnung?

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Der Trump-Effekt


Vorbemerkung der KN-Redaktion: Um der Sache und der Wahrheit Willen dürfen einige Bemerkungen/Behauptungen des nachfolgenden Artikels nicht unwidersprochen stehen gelassen werden. Das hat rein gar nichts damit zu tun, Donald Trump in irgendeiner Weise beizuspringen. Jegliche [Miss-]Deutungen in diese Richtung werden entschieden zurückgewiesen. Wir erachten es aber als wichtig, unseren Lesern diesen Artikel mit unseren integrierten Anmerkungen zu präsentieren.

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Der Trump-Effekt

Veränderung globaler Machtverhältnisse und wachsende Kriegsgefahr

von Conrad Schuhler / Vors. des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

Voranderthalb Jahren habe ich zu einem sehr ähnlichen Thema beim Gipfel der Alternativen zu dem G7-Gipfel auf Elmau referiert. Das Thema hieß damals: "Geopolitische Veränderungen – Konsequenzen und Verantwortungen".

Meine Thesen damals waren und sie gelten auch, wie ich glaube, heute:

1. Wir haben es mit einem Umbruch in der globalen Machtverteilung zu tun. Die BRICS-Staaten haben ihren Anteil am Welt-BIP seit 2000 von 15,8 auf 31,9 % verdoppelt. Nach Kaufkraftparitäten, und die messen eher die reale Wirtschaftskraft eines Landes, hat China die USA bereits überholt und es wird, sagt der Internationale Währungsfonds (IWF; engl. International Monetary Fund, IMF) – kein chinafreundliches Organ – diesen Vorsprung jedes Jahr weiter ausbauen.

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Im Jahr 2050, wieder nach den Prognosen des IWF, wird Indien die USA vom zweiten Platz verdrängt haben. An vierter Stelle wird Indonesien stehen, unmittelbar dahinter Brasilien und Mexiko. Deutschland, heute auf Rang 5, wird 2030 auf Platz Nr. 8 zu finden sein und 2050 auf Nr. 10. Nun soll man, wie wir wissen, mit Prognosen sehr vorsichtig sein, besonders, wie Mark Twain uns gelehrt hat, wenn sie die Zukunft betreffen. Doch bei aller Vorsicht ist klar: Der Süden ist dabei, den Norden, oder wie das früher hieß: den Westen zu überholen.

2. Und ebenso klar ist: der Norden will seine Vormachtstellung nicht preisgeben, er will sie vielmehr mit allen Mitteln, auch und vor allem mit militärischen, verteidigen. Hier kommen wir zum Thema unseres Treffens, die Machtveränderungen und die Kriegsgefahr. Der Krieg, auch der große Krieg, ist in der Umbruchsituation von heute im Visier der Politikplaner. Seit 1992 gilt in den USA als militärstrategische Devise der sogenannte No-Rivals-Plan, der 2002 zur „Bush-Doktrin“ erklärt wurde. Sie lautet:

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Der Motor der Faschisierung ist Ungleichheit

Der faschistische Inhalt des Höcke-Flügels der AfD wird übersehen

"Nie wieder Faschismus!", so lautet der Schwur der Überlebenden des KZs Buchenwald. Die "Alternative für Deutschland" (AfD) wird diesbezüglich nicht ernst genug genommen, der faschistische Inhalt zumindest einer der beiden AfD-Parteiflügel wird ignoriert. Da die AfD sich beim Essener Parteitag nicht vom Höcke-Flügel, sondern von der transatlantisch-neoliberalen Strömung trennte, besteht die Gefahr, dass sich eine faschistische Bewegung mit der AfD als institutionellem Kern entwickelt.

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Björn Höcke ist einer von zwei Sprechern der AfD-Thüringen und seit der Landtagswahl 2014 der AfD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag. Er vertritt eine faschistische Ideologie, vielleicht sogar eine faschistische Ideologie nationalsozialistischer Prägung. Letzteres wäre zu klären. Alle Indizien sprechen dafür, dass Höcke 2011 / 2012 für seinen Bekannten Thorsten Heise, einem mehrfach vorbestraften militanten Neonazi, drei Artikel unter dem Pseudonym "Landolf Ladig" verfasst hat. Zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Gründung der AfD war Höcke noch Geschichtslehrer. "Ladigs" Artikel finden sich u.a. in Heises "Volk in Bewegung", mehrere Ausgaben dieses völkischen Magazins wurden in letzter Zeit wegen rechtsextremer Inhalte verboten. "Ladig" propagiert dort eine nationale Revolution, mit der die explizit gelobte NS-Wirtschaft wieder eingeführt werden soll. Der alte AfD-Bundesvorstand erwartete von Höcke, juristisch meine Behauptungen zu "Ladig"/Höcke unterbinden zu lassen und eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, dass da nichts dran ist. Er verweigerte beides.

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Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung

Behinderung der Betriebsratsarbeit

von Laurenz Nurk

widerstand_arbeitnehmerrechte_arbeitsunrecht_betriebsrat_kritisches_netzwerk_die_fertigmacher_union_bashing_busting_gewerkschaft_gewerkschaftsbekaempfung_unterdrueckung.pngIn Deutschland behindern die Arbeitgeber jede sechste Betriebsratsgründung, sie schüchtern Kandidaten ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Wenn Beschäftigte ihre verbrieften Mitbestimmungsrechte in Anspruch nehmen, müssen sie in etlichen Firmen mit Schikanen durch den Arbeitgeber rechnen.

Das zeigt eine aktuelle Untersuchung von Martin Behrens und Heiner Dribbusch, die Befunde einer Vorgängeruntersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) aus dem Jahr 2012 bestätigt. Besonders gegen Neugründungen von Betriebsräten gehen Unternehmen häufig aggressiv vor. Deshalb sollten bereits bei der Vorbereitung von Betriebsratswahlen alle beteiligten Beschäftigten vom ersten Tag an vor Kündigungen geschützt werden. Ebenso wichtig sei eine wirksame Sanktionierung von Verstößen. Dazu müssten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die auf gesetzwidrige Eingriffe von Unternehmen in Betriebsratswahlen spezialisiert sind und diese auch verfolgen.

Die Untersuchung unterstreicht noch einmal deutlich, wie wichtig ein umfassender gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements ist und wie notwendig wirksame Sanktionen sind. Die WSI-Forscher Behrens und Dribbusch haben im vergangenen Jahr 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. Mehr als die Hälfte der Befragten kannte Fälle, in denen Unternehmen versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern.

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Neoliberalismus - eine Steigerung des Kapitalismus?

Kapitalismus und Neoliberalismus - Brüder oder Feinde?

Turbokapitalismus, Raubtierkapitalismus, Killerkapitalismus, Casino-Kapitalismus etc. - alles letztlich verwirrende und nicht zielführende Versuche, das zu beschreiben, was längst einen Namen hat: Neoliberalismus - bzw. Marktradikalismus.

neoliberalismus_kapitalismus_neoliberalism_capitalism_milton_friedmann_friedrich_august_von_hayek_homo_oeconimicus_kritisches_netzwerk_marktradikalismus_turbokapitalismus.pngDie zu beantwortenden Fragen lauten:

  • Was haben Neoliberalismus und Kapitalismus miteinander gemein?
  • Ist Neoliberalismus tatsächlich eine extreme Steigerungsform des Kapitalismus, wie oftmals angenommen wird?
  • Wäre dem tatsächlich so, dann dürften nur quantitative Unterschiede zu verzeichnen sein - wesentliche qualitative Unterschiede könnte es somit nicht geben. Ist dem tatsächlich so?

Alle diese Fragen beantwortet die Tabelle (s.u.).

► Wie wichtig ist die korrekte Unterscheidung? Haarspalterisch oder fundamental?

Wenn die Anamnese grundlegend falsch ist, werden Diagnose und Behandlung nicht nur nicht helfen, sondern die Heilung mit gewisser Wahrscheinlichkeit sogar konterkarieren. Deswegen ist die Unterscheidung zwischen Kapitalismus und Neoliberalismus bzw. die korrekte Zuordnung der Fehlentwicklungen alles andere als „akademische Haarspalterei“, sondern vielmehr fundamental.

Die Unterschiede zwischen Kapitalismus und Neoliberalismus sind so mannigfaltig, dass sie um der Übersichtlichkeit Willen in folgender Tabelle dargestellt werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

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Frankreich: Vorwahlen der französischen Sozialisten

Bonjour Tristesse

von Jens Berger / NachDenkSeiten

frankreich_tristesse_trikolore_praesidentschaftswahl_rechtsruck_sozialabbau_fillon_hollande_paris_front_national_kritisches_netzwerk_neoliberalismus_manuel_valls_marine_le_pen.jpgDas „linke Lager“ Frankreichs ist nach der katastrophalen Präsidentschaft François Hollandes (link is external) zersplittert wie noch nie. Egal wie die offenen Vorwahlen der Sozialisten ausgehen: Am Ende werden wohl drei Kandidaten des „linken Lagers“ bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen antreten. Die Chancen auf das Erreichen der zweiten Runde sind eher bescheiden und so „links“ ist das „linke Lager“ auch nicht mehr. Da ist es für die Medien schon eine Sensation, dass ein Kandidat des linken PS-Flügels die erste Runde der Vorwahlen der "Parti Socialiste" (PS (link is external)) gewonnen hat. Das ändert jedoch nichts an der Gemengelage. Sofern kein Wunder geschieht, stehen Frankreich triste Zeiten bevor.

Während bei der SPD einige wenige einflussreiche Parteifunktionäre nach wie vor hinter verschlossen Türen ihren Kanzlerkandidaten auskungeln, lässt die französische Schwesterpartei PS ihren Präsidentschaftskandidaten in offenen Vorwahlen ganz nach dem Vorbild der USA vom Wähler küren. Die Wahl ist dabei offen für freie Kandidaten und Kandidaten anderer Parteien. Wählen dürfen freilich auch Sympathisanten des „linken Lagers“, die keine Parteimitglieder sind. Die USA lassen grüßen.

Anders als in Deutschland gibt es bei unseren Nachbarn übrigens auch einen echten Wettbewerb um dieses Amt. Mit Benoît Hamon (link is external), Vincent Peillon (link is external) und Arnaud Montebourg (link is external) warfen drei ehemalige Minister und mit Manuel Valls (link is external) sogar ein ehemaliger Regierungschef seinen Hut in den Ring.

Beim Volk stieß diese in besten Sinne offene Vorwahl jedoch eher auf Desinteresse. Insgesamt nutzten lediglich 1,6 Millionen Mitglieder und Sympathisanten des „linken Lagers“ die Möglichkeit. 2011 waren es noch rund 2,7 Millionen. Den ersten Wahlgang konnte überraschend Benoît Hamon mit 36% der Stimmen von Manuel Valls mit 31,5% der Stimmen für sich entscheiden. Die beiden Kandidaten müssen nun am kommenden Sonntag in die zweite Wahlrunde, die Stichwahl. Dann entscheidet es sich, wer als Kandidat der PS bei den Präsidentschaftswahlen am 23. April und am 7. Mai teilenehmen wird.

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Spenden für die EU! Mehr Geld für die TAGESSCHAU!

von Ulrich Gellermann, Berlin

Rettet die Europäische Union! In ihrem harten, unermüdlichen Kampf gegen die dunkle Macht im Osten geht ihr das Geld aus. Das nämlich berichtet die TAGESSCHAU, die Sendung für staatliche Mitteilungen erster Ordnung. Unter der Überschrift „Russischer Medienfeldzug gegen Merkel?“ berichtet der Staatsfunk von der erbärmlichen Lage einer EU-Spezialeinheit, die sich russischer Propaganda widmet.

Zu dieser Einheit berichtet Kai Küstner von der Brüsseler Medienfront: „Kritiker bemängeln fehlendes Personal und Geld, die Arbeitsgruppe sei angesichts der Größe der Aufgabe völlig überfordert.“ Nur zehn Mitarbeiter und schäbige 400 Informanten sind für die Einheit des „Auswärtige Dienst der EU“ tätig. Das ist angesichts der 144 Millionen Russen, von denen, wie jeder TAGESSCHAU-Konsument weiß, etwa jeder Dritte in der Anti-EU-Propaganda tätig ist, einfach zu wenig.

Der „Auswärtige Dienst der EU“ ist so eine Art Außenministerium. Sein Ziel ist eine gemeinsame Außenpolitik der EU. Dem Dienst ist die Herstellung der westeuropäischen Gemeinsamkeit, zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage, nicht ganz so gut gelungen. Das lag vielleicht auch schon am mangelnden Geld, denn der Dienst hat mit seinem Haushaltsvolumen von 508 Millionen Euro zwar schon einen Haushalt von der Größe Spaniens, aber seine 3.645 Mitarbeiter müssen ja auch irgendwie bezahlt werden.

Zumal die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam rund 55.000 Diplomaten beschäftigen – mehr als doppelt so viele, wie die Vereinigten Staaten von Amerika – da muss der Dienst sehen, wie er in der Konkurrenz bestehen kann. Und jetzt auch noch der heimtückische Angriff der Russen: „Rund 2.500 Beispiele von Falschinformationen habe diese 'Task Force' bereits festgestellt“, berichtet die TAGESSCHAU. Angesichts dieser titanischen Arbeitsleistung muss einfach mehr Geld her: Geben Sie ihre Spende doch direkt und persönlich ihrem Europa-Abgeordneten. Falls Sie ihn kennen.

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Präsidialsystem in der Türkei: Ein Blick auf die geplanten Verfassungsänderungen

von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit

Recep Tayyip Erdoğan, Staatspräsident der Türkei, hat die Zeit nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli als ideale Gelegenheit für den Übergang zum von ihm herbeigesehnten Präsidialsystem zu nutzen verstanden. In einem Bündnis mit der ultranationalistischen Milliyetçi Hareket Partisi (MHP) ist es nun der regierenden Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) gelungen, die geplanten Verfassungsänderungen Paragraf für Paragraf durch die Abstimmungen der ersten Debattenrunde am 13. Januar durchzuwinken.

Seit dem 18. Januar debattiert das Parlament in der zweiten Runde über die Verfassungsänderungen. Wenn das Parlament auch in dieser Runde sich im Sinne der Verfassungsänderungen entscheidet, was zu erwarten ist, kommt es noch zu einer dritten Debattenrunde, in welcher über Verfassungspaket als Ganzes abgestimmt wird, bevor es dann zu einem Referendum über die Verfassungsänderung käme.

Das Referendum soll dann Anfang April dieses Jahres stattfinden. Doch was hat es mit der geplanten Verfassungsänderung eigentlich auf sich? Warum wird es so heftig kritisiert? Und stimmt es, dass durch die neue Verfassung der Weg zu einer Ein-Mann-Diktatur in der Türkei geschaffen wird?

Um eine Antwort auf die Fragen zu finden, wollen wir uns die geplanten Veränderungen der türkischen Verfassung, die das „Staatspräsidenten-System“, wie es von den Regierungsanhängern genannt wird, einführen soll, genauer anschauen. So wird uns klarer, welche Form die türkische Verfassung, die nicht nur bis zur Republikgründung 1923 sondern eigentlich bis 1876 (Einführung der ersten Verfassung des Osmanischen Reiches) zurückgeht, unter der AKP annehmen soll:

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Sigmar Gabriel tritt als SPD-Chef und Kanzlerkandidat zurück

von Ulrich Rippert / wsws.org

martin_schulz_spd_bundestagswahlkampf_kanzlerkandidat_kanzlerkandidatur_bundeskanzler_kritisches_netzwerk_spd_sozialdemokratie_sozialdemokraten_postengeschacher.jpgDie Ankündigung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, er werde in der kommenden Bundestagswahl nicht als Kanzlerkandidat antreten und auch sein Amt als SPD-Vorsitzender niederlegen, löste gestern Nachmittag im politischen Berlin hektische Debatten und Spekulationen aus.

Seit Monaten hatte der SPD-Vorsitzende und Wirtschaftsminister seine Entscheidung offen gelassen, aber in den vergangenen Wochen galt seine Kanzlerkandidatur als sicher. Deshalb war die Überraschung groß, als er vor der SPD-Bundestagsfraktion unvermittelt seinen Verzicht bekannt gab und stattdessen den ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel vorschlug. Schulz solle auch Parteichef werden, sagte Gabriel.

In Sondersendungen berichteten die Medien über den „großen Rücktritt“ und spekulierten über persönliche Gründe, mehr Zeit für die Familie, politische Frustration wegen schlechter Umfragewerte und anderes mehr.

Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass es sich weniger um einen Rückzug als um eine politische Umgruppierung handelt, die in direktem Zusammenhang zur Übernahme der amerikanischen Präsidentschaft durch Donald Trump steht. Die SPD stellt sich neu auf und bietet sich als Partei an, die angesichts „neuer Herausforderungen“ Europa im Interesse des deutschen Imperialismus reorganisiert.

Gestern schrieben wir: „Der Amtsantritt von Donald Trump hat in Berlin zu heftigen Reaktionen geführt.“ Gabriels Entscheidung ist Bestandteil dieser Reaktionen. Er hatte im November EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz aufgefordert, in die Bundespolitik zu wechseln. Schulz war von den Medien systematisch als „großer Europäer“ aufgebaut und gefeiert worden. Er habe die Rechte des EU-Parlaments gestärkt und sich für die europäische Einigung verdient gemacht.

In Wahrheit bestand die Stärke von Martin Schulz darin, dass er aufs Engste mit dem konservativen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zusammenarbeitete. Das EU-Parlament konnte unter seiner Leitung über alles endlos und kontrovers diskutieren, doch im Hintergrund hatten Schulz und Juncker, deren sozialdemokratische und konservative Fraktionen zusammen über 54 Prozent der Stimmen verfügen, sämtliche Entscheidungen bereits in allen Einzelheiten vorbereitet und Mehrheiten vereinbart.

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Nach dem Kahlschlag: neue Leuchttürme in der Presselandschaft

von Laurenz Nurk

In den letzten Jahrzehnten haben sich monopolartige, private Medienkonzern entwickelt, die teilweise von einzelnen Familien beherrscht werden und deren Meinungen auch von den angestellten Journalisten vertreten werden müssen. Ein objektiv berichtender und urteilender Journalismus kann so nicht gewährleistet werden.

Die Medienunternehmen sind Dienstleister, die Informationen bereitstellen und gleichzeitig auf Gewinn zielende Betriebe. Mit der Informationsvermittlung wird allerdings immer weniger Geld verdient. Um den möglichst größten Profit zu erzielen, setzten die Medienkonzerne in Deutschland auf Werbung, Sport und seichte Unterhaltung. Sensations-Journalismus trat an die Stelle der Berichterstattung. Jeder schreibt mittlerweile von jedem ab und kann so politische Kampagnen gegenüber Einzelpersonen, Gesellschaftsgruppen und auch Staaten initiieren.

Die zunehmende Macht, Konzentration und Kommerzialisierung der Medien wurde noch einmal durch die digitalen Kommunikationssysteme gepusht.

Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung war die Entlassung von allen 120 Redakteuren und noch einmal so vielen freien Mitarbeitern bei der Westfälischen Rundschau (WR) durch die Geschäftsführung im Januar 2013. Seitdem erscheint die WR zwar in vielen Städten weiter – aber ohne eigene Redaktion. Den Lokalteil in Dortmund kauft die WR genauso wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), die auch zur „Funke Mediengruppe“ gehört, von der Konkurrenz, der konservativen Ruhr Nachrichten (RN) ein. Die RN erscheint im Medienhaus Lensing in Dortmund, dessen Geschäftsführer Lambert Lensing-Wolff sich gut mit Kündigungen auskennt. Im Januar 2007 kündigte er der gesamten 19-köpfigen Lokal- und Sportredaktion der Münsterschen Zeitung (MZ), die zu seinem Medienhaus gehört.

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Gruß dem 45. US-Präsidenten Donald John Trump

von Eric S. Margolis

Normalerweise weiche ich patriotischen Veranstaltungen aus. Diese erinnern mich unweigerlich an die fahnenschwenkende Idiotie, die in den Ersten Weltkrieg geführt hat. Tatsächlich wurde ich sogar von den Pfadfindern in New York City hinausgeworfen, nachdem ich lautstark kundgetan hatte, dass ihr überpatriotisches Zurschaustellen von Fahnen, Trommeln, Schmettermusik und paramilitärischen Uniformen aussah wie die alte Hitlerjugend.

donald_trump_seal_45th_president_usa_presidential_election_republikaner_republican_party_republicans_kritisches_netzwerk_washington_establisment_wall_street_make_america_great.png Aber nachdem ich die Inauguration von Präsident Donald Trump (das ist das erste Mal, dass ich diese Wortfolge schreibe) verfolgte, muss ich zugeben, dass diese Zeremonie mich weit über mein normalerweise zynisches Selbst hinaus bewegt hat.

Wohlgemerkt, ich habe Amtseinführungen von Präsidenten miterlebt, seit mein Vater mit uns von New York City nach Washington flog, um Präsident Dwight D. Eisenhowers Inauguration 1953 zu sehen. In lebendiger Erinnerung habe ich die gigantische Atomkanone, die die Pennsylvania Avenue hinunter gezogen wurde. Ich erinnere mich daran, eine feine Biographie von Dschingis Khan auf unseren Flügen mit der Eastern Airlines gelesen zu haben.

Was ich dieses Mal besonders beeindruckend fand, war die neuerliche Bestätigung der Verpflichtung Amerikas zum friedlichen Übergang von politischer Macht. Es war das 45. Mal, dass dieses Wunder geschehen ist. Das klingt vielleicht banal, aber die Übergabe der Macht erfüllt mich immer wieder mit Stolz, ein Amerikaner zu sein, und mit Dankbarkeit dafür, dass wir dermaßen brillante Gründerväter hatten.

Dieser friedliche Übergang unterscheidet die Vereinigten Staaten von Amerika von vielen Ländern der Welt, sogar Britannien und Kanada, wo Anführer unter dem parlamentarischen System in einem Prozess ausgewählt werden, der an einen Kampf mit Messern in einem dunklen Raum denken lässt. Die USA haben es irgendwie geschafft, ihre drei Teilbereiche der Regierung trotz der größten Anstrengungen eigennütziger Politiker zu behalten, diese zunichte zu machen.

Jeder neue Präsident übernimmt von seinem Vorgänger ein Meer von Problemen. Donald Trumps größte ererbte Kopfschmerzen und Prioritäten werden im Mittleren Osten liegen, bereits ein Katastrophengebiet, aber noch um ein Vielfaches verschlimmert durch den Pfusch der Administration Obama und deren bescheuerte Versuche, die USA und Russland auf einen Kollisionskurs zu bringen.

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Das letzte Kreuz: Einige Gedanken zur Zukunft des Wahlrechts

In seinem Aufsatz "Die Geburt des Sicherheitsstaats" hat der italienische Philosoph Giorgio Agamben auf einen Umstand beim Umgang mit sogenannten Krisen hingewiesen, den er für zentral für das aktuelle politische Geschehen hält. Er nennt ihn eine "folgenreiche Umkehrung der traditionellen Hierarchie von Ursache und Wirkung": "Da es vergeblich oder zumindest kostspielig ist, den Ursachen [von Krisen] gegenzusteuern, sei es nützlicher und sicherer, [deren] Wirkungen zu lenken".

Anders ausgedrückt:

Krisen, also kurzzeitige, tatsächliche oder vorgebliche Erschütterungen des politischen Gefüges, seien sie nun selber politisch, militärisch, wirtschaftlich, sozial oder ökologisch, werden von den herrschenden Eliten heutzutage nicht bekämpft, sondern genutzt.

Weder wird dabei die eigene Verantwortung für ihr Entstehen thematisiert, noch gibt es ein ernsthaftes Interesse, ihre Folgen abzufedern oder gar zu verhindern. Die Durchsetzung der neoliberalen Agenda wurde in Europa durch die geschickte Ausnutzung bzw. Inszenierung von Krisen ermöglicht. Auch, wenn die bestehende Herrschaftsordnung ein Legitimationsproblem hat, kann ihr eine zünftige Krise nur recht sein.

"Those opposed to the welfare state", fassten Prof. Martin McKee und Prof. Dr. David Stuckler 2011 im "British Medical Journal" (BMJ) zusammen, "never wasted a good crisis" ["Die den Sozialstaat abschaffen wollten, haben noch nie eine gute Krise verschwendet"].

Der bedrohliche globale Siegeszug rechtsradikaler bzw. rechtsextremer Personen und Parteien, der mit der Wahl von Donald Trump in den USA nur einen weiteren Höhepunkt erreicht hat, bietet zurzeit ein sprechendes Beispiel für Agambens These, wenn man die Reaktionen der neoliberalen bürgerlichen Parteien und Eliten in den Blick nimmt.

► Das kleinere Übel züchtet das größere

Die zentrale Behauptung dieser Parteien lautet gegenwärtig, beispielsweise im Wahlkampf um das Präsidentenamt in Frankreich, knapp zusammengefasst so:

"Ohne uns kommen die Rechtsradikalen!". Richtiger müsste der Satz allerdings lauten: "Unseretwegen kommen die Rechtsradikalen!". Ohne die sozialen Verwüstungen, die eine gnadenlos auf Profitmaximierung einer immer kleiner werdenden Gruppe von Menschen ausgelegte Wirtschafts- und Sozialpolitik angerichtet hat, sei es durch das "Abhängen" ganzer Regionen, sei es durch den Kahlschlag in der Bildungspolitik, sei es durch das Absacken der Mittelschicht und die Verelendung ganzer Bevölkerungsteile, wäre ein Machtzuwachs der extremen Rechten, wie er sich zur Zeit vollzieht, nicht denkbar gewesen.

Sich als das kleinere Übel zu präsentieren (und es womöglich sogar zu sein) ist die letzte Legitimation, die den neoliberalen Eliten an der Wahlurne noch bleibt.

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Menschen mit mehr Geld haben auch mehr Einfluss auf die Politik

Das Beispiel Dortmunder Nordstadt

von Laurenz Nurk

Als Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ankündigte, im neuen Armutsbericht auch den Einfluss von Eliten auf Entscheidungen der Politik untersuchen zu lassen, war kaum jemand gespannt auf das Ergebnis, denn es war klar, dass es diese Beeinflussung gibt.

Als das Ergebnis der Untersuchung vorlag und in den Armutsbericht 2016 einfließen sollte, fand man bei der Vorstellung des Berichts nichts von dem Ergebnis, die Bundesregierung hatte brisante Stellen aus dem Armutsbericht gestrichen. Ihr war es unangenehm, dass ans Licht kommt, dass sich bei uns Menschen mit Vermögen mehr Gehör in der Politik verschaffen können als die ärmeren Menschen.

Welche Auswirkungen so eine Entwicklung für die Bevölkerung in den ärmeren Stadtteilen hat, wird am Beispiel der Dortmunder Nordstadt aufgezeigt.

Der Politikwissenschaftler Armin Schäfer hat eine Studie für das Bundesarbeitsministerium ausgearbeitet. Seine Ergebnisse fanden sich dann auch in einer ersten Fassung des Armutsberichts. Dort war zu lesen: „Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert.“ Es war gar von einer „Krise der Repräsentation“ die Rede.

Dies wurde dann beides gestrichen!

Auch wurde die Aussage gestrichen, wonach sich Bürger in Deutschland „mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik beteiligen, sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen“. Dann fehlt auch der Satz: „Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird“.

Diese Sätze enthalten viel politischen Sprengstoff, denn wenn es eine „Krise der Repräsentation“ gibt, wenn arme Menschen sich nicht an der Politik beteiligen, weil sich die Politik sowieso nicht an diesen Menschen orientiert, dann muss man davon ausgehen, dass in diesem demokratischen System etwas nicht stimmt.

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Institutionenvertrauen in Deutschland

von Dr. Carsten Frerk / Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid)

Um die Glaubwürdigkeit der Medien in der Bevölkerung abzuklären hat der Westdeutsche Rundfunk das Institut infratest dimap u. a. fragen lassen, ob der Bezeichnung „Lügenpresse“ zugestimmt wird. Die Studie beginnt jedoch mit einer allgemeinen Abklärung zum Institutionenvertrauen in der Bevölkerung. Den Kirchen wird von 34 Prozent der Bevölkerung „sehr großes“ bzw. „großes Vertrauen“ bezeugt.

Die Frage lautete: „Ich nenne Ihnen jetzt eine Reihe von Einrichtungen und Organisationen. Bitte sagen Sie mir für jede, wie viel Vertrauen Sie in sie haben: sehr großes Vertrauen, großes Vertrauen, wenig Vertrauen oder gar kein Vertrauen?

Zu den vorgegebenen zwölf Institutionen / Organisationen zählten auch die Kirchen. Sie werden von 34 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig eingestuft, das ist der vorletzte Rang, vor den privaten Rundfunksendern. Die Tageszeitungen werden (von 47 Prozent) als vertrauenswürdiger bewertet, ebenso wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk (mit 61 Prozent) Vertrauenswürdigkeit.

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Konzernatlas 2017

Beispiellose Fusionswelle in der Agrar- und Ernährungsindustrie

von Laurenz Nurk, Dortmund

konzernatlas_2017_daten_fakten_agrarindustrie_lebensmittelindustrie_kritisches_netzwerk_bayer_ag_monsanto_kritisches_netzwerk_lebensmittel_nahrungsmittel_syngenta_chemchina.pngImmer weniger Konzerne bestimmen weltweit über einen immer höheren Anteil der Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelerzeugung und Ernährung. Das stellt der Anfang des Jahres veröffentlichte Konzernatlas 2017 dar.

Er zeigt die enorme Konzentration in der Agrar- und Ernährungsindustrie auf, in denen durch Fusionen und Übernahmen weltweit immer weniger Unternehmen immer mehr Einfluss und Marktmacht erlangen. Die Leittragenden in dieser globalen Entwicklung sind die Kleinbauern und Landarbeiter und die Verbraucher, denen die regionale Lebensmittelversorgung zunehmend gekappt wird.

Die Herausgeber des Konzernatlas – Heinrich-Böll-Stiftung (hbs), Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), OXFAM Deutschland, Germanwatch und Le Monde Diplomatique (Le Diplo) – warnen davor, dass die laufenden Konzentrationsprozesse im Agrarsektor die 2015 beschlossenen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen gefährden. Weil die Konzerne immer wieder die Menschenrechte missachten, reichen freiwillige Maßnahmen nicht aus.

Der Konzernatlas 2017 ist eine umfassende Zusammenstellung von Fakten und Grafiken zur Agrarindustrie, die die zunehmende Konzentration in diesem Sektor aufzeigt.

In den Jahren 2015 und 2016 fanden fünf der zwölf kapitalintensivsten Übernahmen von börsennotierten Konzernen im Agrar- und Ernährungsbereich statt. Der Börsenwert der Fusionen im Landwirtschaftssektor übertraf vielfach den in anderen großen Branchen. So war der Wert der Fusionen von Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie mit 347 Milliarden Dollar im Jahr 2015 fünf Mal höher als der im Pharma- oder im Ölsektor.

Inzwischen kontrollieren nur noch vier Großkonzerne rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Drei Konzerne haben 50 Prozent des Weltmarkts für Landtechnik in der Hand. In Deutschland decken gerade mal vier Supermarktketten 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels ab und der Trend geht weiter.

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Griechenland: "Wir leben zusammen, wir kämpfen zusammen"

Interview mit zwei Aktivistinnen des besetzten Hotels City Plaza in Athen

Das City Plaza ist ein Hotel im Herzen von Athen. Es war ein Symbol der griechischen Krise, jahrelang war es geschlossen. Heute ist es wieder geöffnet und voll belegt - und zwar mit über 400 Geflüchteten und einigen AktivistInnen, die das City Plaza im April 2016 besetzt haben. So ist mitten in einem Viertel, in dem 20 Prozent die faschistische Partei "Goldene Morgenröte" wählen, ein selbstorganisierter Ort der Solidarität entstanden.

hausbesetzung_symbol_der_hausbesetzer_squats_squatting_gewaltfreier_widerstand_anarchismus_anarchy_kritisches_netzwerk_hierarchie_herrschaft_graswurzelrevolution_gewaltfreiheit.pngGraswurzelrevolution (GWR): Olga, kannst du uns von der Entscheidung berichten, das Hotel zu besetzen und wie die ersten Tage abliefen?

Olga: Bevor wir am 22. April das Gebäude besetzt haben, haben wir die Entscheidung, das praktische Vorgehen und mögliche Probleme für circa zwei Monate in verschiedenen Versammlungen diskutiert. Während dieser Zeit wollten wir das Gebäude nicht betreten, weil die Nachbarschaft uns hätte sehen und es möglicherweise der Polizei melden können. Darum sind wir kurz vor der Besetzung nur für wenige Minuten dorthin gegangen und haben die Schlösser ausgetauscht, aber niemand hat das Gebäude betreten.

Dann, am besagten Freitag, haben sich verschiedene Gruppen zu einem festen Zeitpunkt rund um das Gebäude versammelt. Eine Minute vor zehn setzten sich diese Gruppen, insgesamt waren es 100 Personen, in Bewegung. Wir öffneten die ausgetauschten Schlösser und betraten das Gebäude. In dem Gebäude war es sehr dreckig, es wurde seit sieben Jahren nicht als Hotel genutzt, es gab kein fließendes Wasser, was es sehr schwierig gemacht hat, das Gebäude zu reinigen.

Die Situation draußen war furchtbar. Als die Nachbarn bemerkten, dass wir das Gebäude besetzt haben, sind sie aus ihren Wohnungen gerannt und völlig ausgerastet. Es gab viele Versuche, uns anzugreifen und so haben wir eine Kette aus ca. 50 Personen gebildet, die den Zugang zum Gebäude schützen sollten. Eine Stunde nachdem wir das Gebäude betreten haben, war die Ankunft der ersten 120 Geflüchteten geplant.

Als die ersten ankamen, war es sehr schrecklich. Viele von ihnen hatten Angst, als sie sahen, wie wir attackiert wurden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite warteten einige Personen, die zu uns kommen wollten, doch sich nicht über die Straße trauten. So haben wir eine Gasse gebildet, um diese Menschen zu beschützen und ins Gebäude bringen zu können. Die Nachbarn haben uns beleidigt, haben uns geschlagen. Sie sagten, sie werden die Polizei und die Faschisten rufen und dass wir verschwinden sollen.

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Deutsche Wirtschaft 2016: Flüchtlinge trieben Konjunktur an

von Fred Schmid c/o Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

Ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von 1,9 Prozent für das abgelaufene Jahr bilanzierte das Statistische Bundesamt (Destatis) in einer ersten Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP)  (Pressekonferenz 12. Januar 2017). Damit ist die deutsche Wirtschaft stärker gewachsen als in den vergangenen vier Jahren (2015: 1,7%; 2014: 1,6%, 2013 und 2012 jeweils 0,5%). „Blendendes Wachstum“ schwelgt die FAZ vom 13.01.2017. „Blendend“ geht allerdings anders, z.B. die plus 6,7 Prozent, die vermutlich die chinesischen Statistiker Ende der Woche für ihre Volkswirtschaft 2016 verkünden dürften. Aber hier werden die bürgerlichen Journalisten eher ein „Schwächeln“ konstatieren, weil das Wachstum gegenüber dem Vorjahr um 0,2% geringer ausgefallen ist.

Dennoch ist die deutsche Wirtschaftsbilanz 2016 in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen bestätigt sich einmal mehr, dass die Konsumnachfrage entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung ist, und zwar der private wie der Staatskonsum. Die Kritik des Wachstums sei hier ausgeklammert. Die private Konsumnachfrage stieg – real – um zwei Prozent: gleicher Zuwachs wie im Jahr davor, aber weit stärker als im Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre: 0,7%. Bei einem Anteil von 53,5 % an der nachgefragten Wirtschaftsleistung trug der Zuwachs des Privatkonsums damit 1,1 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent bei.

Relativ hohe Lohnabschlüsse, die durch die niedrige Preissteigerungsrate von 0,5 Prozent nur geringfügig entwertet wurden, sorgten für die erhöhten Reallöhne und damit Kaufkraft der Beschäftigten. Auch die rund 430.000 zusätzlichen Jobs hatten Anteil am gestiegenen Konsum. Die erhöhte Verbrauchernachfrage wiederum ließ die Absatzerwartungen der Unternehmer zunehmen, wodurch sie mehr Investitionen tätigten; diese stiegen real um 2,5 Prozent, die Bauinvestitionen gar um  3,1%.

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Bundesrechnungshof kritisiert erneut die Jobcenter

Hoher finanzieller Aufwand mit wenig Wirkung

von Laurenz Nurk, Dortmund

Mittlerweile platzt dem Bundesrechnungshof (BRH) der Kragen. Schon im Herbst 2015 hatte der Bundesrechnungshof in einem internen Prüfungsbericht die Lohnkostenzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit (BA) an Zeitarbeitsfirmen als ungerechtfertigt gerügt.

Einige Monate später im Frühjahr 2016 schrieb er in seiner Abschlussmitteilung an das Bundesarbeitsministerium, dass es den Jobcentern in den meisten Fällen nicht gelungen sei ,,mit der Förderung von Arbeitsverhältnissen Langzeitarbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen dauerhaft in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern“. Rund drei Viertel der früheren Hartz-IV-Empfänger hätten nur einen Arbeitsplatz bei gemeinnützigen Arbeitgebern oder Einrichtungen erhalten, die die Förderprogramme der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen. In mehr als 90 Prozent der geprüften Fälle handelte es sich um befristete Arbeitsverträge, die in der Regel mit der Förderung auslaufen und die Beschäftigten wieder erwerbslos werden.

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Durch die Blume gesprochen wirft der Bundesrechnungshof den Arbeitsvermittlern sogar die Verschwendung von Steuermitteln vor, weil es in einigen Jobcentern die Möglichkeit gab, zusätzlich für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen ebenfalls Landes- oder kommunale Mittel einzubringen. In fast zwei Drittel dieser Fälle nutzten die Arbeitgeber die zusätzliche staatliche Einnahmequelle und nur ein Jobcenter rechnete dies korrekt auf die eigene Förderung an. In der Praxis kam dabei heraus, dass die Unternehmen doppelt kassierten, weil ihnen die Jobcenter aus Bundes- und Landesmitteln sogar mehr als das Arbeitsentgelt für die Beschäftigten erstatteten.

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Anfangen mit Frieden: Freiwirtschaft

Mit welcher Wirtschaftstheorie kann die ungleiche Vermögensverteilung überwunden werden?

von Georg Lehle, Rothenburg o/T

Papst Franziskus prangert die ungleiche Vermögensverteilung und den Kapitalismus an, „diese Wirtschaft tötet“. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty wies dementsprechend nach, dass Kapitalrenditen stärker als die Gesamtwirtschaft wachsen. Dies wird darin sichtbar, dass es im Kapitalismus mehr und mehr Super-Reiche und Arme gibt. Gleichzeitig herrscht zunehmend wirtschaftliche Stagnation oder Depression. Welche Wirtschaftstheorie kann das Problem der Ungleichheit und Stagnation lösen?

Die „WELTN24 GmbH“ beschreibt Pikettys Forschungsergebnisse so: „Seine Formel ist einfach: Weil in der Regel die Kapitalerträge höher sind als das Wachstum der Volkswirtschaft, ist Ungleichheit keine versehentliche Begleiterscheinung des Kapitalismus, sondern eine zwangsläufige Konsequenz.

Es gibt drei wesentliche Wirtschaftstheorien, aus der Krise herauszufinden. Die heute vorherrschende neoliberale Theorie (hier und hier) und auf der anderen Seite die keynesianische Theorie (benannt nach dem Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes) sowie die mit ihr verwandte Freiwirtschaftliche. Der Gründervater der „Freiwirtschaft“ ist Silvio Gesell.

Alle Theorien basieren auf zwei wichtigen Erkenntnissen:

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WAS TUN, WENN DER CHEF MOBBT?

von Laurenz Nurk

Das Betriebsräte-Mobbing ist in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Gewerkschaftsbekämpfung geworden. Immer mehr Unternehmen versuchen durch Mobbing einzelner Gewerkschaftsmitglieder oder der Interessenvertretung von Beschäftigten den gewerkschaftlichen Einfluss in Betrieben entweder von vorneherein zu verhindern oder wenn er bereits vorhanden ist, zu zerschlagen.

Den Kampf gegen das Mobbing sollte für alle Gewerkschaften zu einer ihrer wichtigsten Aufgaben werden und ihn mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Im Oktober 2015 hat der "23. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall" mit dem Beschluss zum Kampf gegen BR-Mobbing einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Ähnliche Beschlüsse gibt es bei ver.di und entsprechende Überlegungen bei der IG BCE.

mobbing_hurts_mobbingopfer_mobben_psychoterror_opfer_union_busting_bossing_depression_arbeitsrecht_psychosomatische_stoerungen_kritisches_netzwerk_suizid_belaestigung_cybermobbing.jpg

Aber die Gegenwehr der Beschäftigten entscheidet im Einzelfall und auch ganz grundsätzlich darüber, ob die Union Buster zurückgedrängt werden können oder nicht. Je mehr Mitarbeiter sich in einem Betrieb engagieren, je mehr aktive Gewerkschaftsmitglieder in einem Betrieb organisiert sind, desto schwerer fällt es Konzernchefs, Geschäftsführern, Personalabteilungen und Vorgesetzten, ihre Bossing-Methoden umzusetzen.

Die folgende Broschüre soll die Betroffene ermutigen, sich nicht mit dem Bossing/Mobbing und Union Busting abzufinden, sondern sich dagegen zu wehren. Schon immer sind Konzerne, Unternehmen und auch öffentliche Arbeitgeber gegen engagierte Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschaftsaktivisten vorgegangen. In den vergangenen Jahren haben diese Fälle drastisch zugenommen und weisen eine deutliche Systematik auf: Einschlägige Rechtsanwaltskanzleien verdienen mit ihren Bossing-Seminaren und Beratungen viel Geld.

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Freihandel – eine Theorie mit Realitätsproblemen

von Charles Pauli / isw München

free_trade_profit_over_people_freihandel_delusion_transatlantisches_freihandelsabkommen_kritisches_netzwerk_ttip_neoliberalismus_oekonomie_ceta_profit_armut_soziale_ungerechtigkeit.jpgFreihandel ist ein heißes Diskussionsthema geworden. Auch deshalb, weil Donald Trump die Kündigung von Freihandelsabkommen zum Wahlkampfhit machte. Die gegen TTIP kämpfende europäische Linke muss erschrocken wahrnehmen, dass nicht nur dieser rechte Milliardärskasper, sondern auch viele andere nationalistische Bewegungen neuerdings ebenfalls gegen solche Abkommen auftreten.

Trotzdem kann man sich als markt- und kapitalismuskritischer Mensch seine Kritik ja nicht deshalb plötzlich verkneifen, weil rechte Parteien das Thema aufgreifen und nationalistisch wenden. Die Kritik am Freihandel hat schon ihre Gründe und sie führt keineswegs in simplen Protektionismus.

► Freihandel: Immer positiv?

Wir wollen es uns hier ersparen, die Urversion der Freihandelslehre breit darzustellen: David Ricardos Theorie "Principles of Political Economy and Taxation" von den komparativen Kosten ist weitgehend bekannt und in Wikipedia nachlesbar. Freihandel ist demnach immer positiv, da sich jedes Land auf das spezialisiert, was es am besten kann. Das klingt erst einmal logisch und unbestreitbar, setzt aber ein paar sehr spezifische Annahmen voraus. Im klassischen Zwei-Länder-Zwei-Güter-Fall unter anderem, dass beide handelnden Länder beide Güter herstellen können und sich in der Ressourcenausstattung nicht unterscheiden, da die einzige Ressource die menschliche Arbeit ist. Der Unterschied zwischen den Ländern liegt lediglich in der Produktivität.

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Zusammenwachsen medialer Macht mit staatlichen Strukturen

In NRW hat der Begriff Lobbyismus eine ganz neue Dimension erreicht

von Laurenz Nurk, Dortmund

In NRW hat der Begriff Lobbyismus eine ganz neue Dimension erreicht. In dem Bundesland verwaltet der Bertelsmann-Konzern inzwischen buchstäblich den Schlüssel zur Lobby der Landesregierung selbst und ist in die inneren sensiblen Bereiche der Politik vorgedrungen.

Eine Große Anfrage der NRW-Piraten zeigte im Dezember 2016 auf, dass die Bertelsmann-Tochter Arvato, die das ServiceCenter der Landesregierung technisch betreut, einen großen Beitrag zum Funktionieren der Regierung in Düsseldorf leistet und in sensible Bereiche vorgedrungen ist, in den private Firmen nichts zu suchen haben. Die Anfrage der Oppositionspartei war die bislang umfänglichste Prüfung, der sich die Regierenden hierzulande bezüglich ihrer Bertelsmann-Hörigkeit unterziehen mussten.

Die dominierende Rolle von Bertelsmann Stiftung und Bertelsmann-Medienkonzern bei der Politikprivatisierung ist schon seit langem bekannt, doch nun droht das Zusammenwachsen der medialen Macht mit ehemals staatlichen Strukturen der Überwachung zu einem neuen Mechanismus der sozialen Kontrolle.

Die NRW-Piraten haben der Landesregierung von NRW  mit einer Großen Anfrage auf den Zahn gefühlt. Die Regierung ist ihrer parlamentarischen Rechenschaftspflicht nachgekommen und hat auf 50 Seiten, detailliert wie nie zuvor, aufgelistet, was es an Kontakten, Geschäften und Verträgen zwischen der Regierung und Bertelsmann in den letzten zehn Jahren gegeben hatte.

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Obamas Abschiedsrede: Klischees und Lügen pur

von Niles Niemuth

barack_obama_massenmoerder_mass_murderer_heuchler_fraud_war_criminal_lying_hypocrite_farewell_speech_michele_guantanamo_bay_naval_base_obamacare_kritisches_netzwerk.jpgUS-Präsident Barack Obama beendete am Dienstagabend seine achtjährige Amtszeit mit einer nichtssagenden und heuchlerischen Abschiedsrede im Tagungszentrum McCormick Place in der Innenstadt von Chicago.

Zum ersten Mal hielt ein Präsident seine Abschiedsrede nicht in Washington, DC. Sie fand in der Atmosphäre eines aufgeblasenen, billigen Spektakels statt. Obama trat wie ein Rockstar auf die Bühne, flankiert von übergroßen amerikanischen Flaggen und einem riesigen beleuchteten Präsidentensiegel. Begleitet wurde sein Einzug von Musik der Rockband U2.

Genau wie alle Reden Obamas in den letzten acht Jahren war auch diese voller Klischees, seine Wortwahl geschmückt mit hohlen Phrasen. Wie üblich warf er sich in eine gewichtige Pose, die er durch geschürzte Lippen und affektiertes Flüstern auszudrücken versuchte. Die Rede wimmelte von Widersprüchen. Der offensichtlichste war der Gegensatz zwischen Obamas Behauptung, seine Regierung habe große soziale Fortschritte erzielt, und seinen Warnungen vor einer Gefährdung der amerikanischen Demokratie durch die ständig wachsende soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Unsicherheit.

Der Präsident erklärte: „Wenn ich Ihnen vor acht Jahren gesagt hätte, dass Amerika aus einer großen Rezession herauskommen, seine Autoindustrie sanieren und die längste Zuwachsperiode bei Arbeitsplätzen seiner Geschichte verzeichnen wird,... wenn ich Ihnen gesagt hätte, wir würden ein neues Kapitel mit dem kubanischen Volk aufschlagen, das Atomwaffenprogramm des Iran ohne einen einzigen Schuss beenden und den Drahtzieher hinter den Anschlägen vom 11. September ausschalten,... wenn ich Ihnen gesagt hätte, wir könnten Gleichberechtigung bei Eheschließungen erreichen und zwanzig Millionen Bürgern zum ersten Mal das Recht auf eine Krankenversicherung geben – Sie hätten gesagt, wir haben uns wohl etwas zu viel vorgenommen.

Amerika ist in fast jeder Hinsicht besser und stärker als zu Beginn unserer Amtszeit.

Er versuchte nicht zu erklären, warum seine Partei trotz dieser großartigen sozialen Fortschritte und außenpolitischen Erfolge bei der Wahl eine so schwere Niederlage erlitten hat und der milliardenschwere Demagoge Donald Trump bald sein Nachfolger im Weißen Haus werden wird.

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Neue Hexenjagd: Donald Trump schlagen und Putin meinen!

Ein postfaktisches Arschloch in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG

von Ulrich Gellermann, Berlin

leitmedien_verarschung_mediokratie_massenmedien_medienhuren_journalismus_feindbild_freie_presse_kritisches_netzwerk_meinungsjournalismus_luegenpresse_sueddeutsche_verhetzung.jpgGroße Schlagzeile: HERR X IST EIN KINDERSCHÄNDER! Ganz, ganz klein im Text: Bisher ist es nicht bewiesen. Nach dieser Ekel-Methode, die sich für Journalismus ausgibt aber in Wahrheit den Zuhälter für bestimmte politische Interessen macht, verfahren zur Zeit nahezu die kompletten deutschen Medien.

Die einst durchaus respektable SÜDDEUTSCHE ZEITUNG führt diesen Gossen-Journalismus geradezu an und lässt auf Seite 3 ihrer heutigen Ausgabe einen Hubert Wetzel ganzseitig los, dem der Sensations-Geifer auf die Tasten tropft: „Eine Sexorgie in einem Moskauer Hotel?“ fragt der Wetzel mit nichts in der Hand als einen „ehemaligen britischen Geheimdienstmitarbeiter“ der ein Schmuddel-Dossier zu Trump herumreicht, in dem nichts, aber auch gar nichts bewiesen wurde. Und auch wenn Wetzel eher beiläufig erwähnt, dass nichts bewiesen ist, erhebt er das Geklittere gezielt in den Rang eines Dokumentes. Geradezu beschwörend taucht dieses Wort für eine Fälschung immer wieder auf, um die Schmiererei auseinandersetzungsfähig zu machen.

Genüsslich wälzt sich Wenzel in Einzelheiten, die wahr sind: Es gibt das erwähnte Hotel, es gab eine Reise Trumps nach Moskau, es gibt das „eine große Bett“ in dem schon die Obamas geschlafen haben und in dem das alles stattgefunden haben soll. Und kaum ist das „ist nicht bewiesen“ in den Artikel geworfen, wahrscheinlich wegen der teuren Folgen einer Verleumdungsklage, glitscht der Autor ins scheinbar Faktische: „Und weil Trump Michelle angeblich abgrundtief hasst, heuerte er russische Prostituierte an, die für ihn eine Orgie auf diesem Bett veranstalteten.

Diese Behauptung ist zwar ebenfalls völlig unbewiesen, wird aber von Wenzel als faktisch erzählt, damit er nur ja weiter der verklemmten Fantasie des Dossiers folgen kann, die wahrscheinlich der seinen entspricht: „Die Einzelheiten (der vorgeblichen Orgie) sind unappetitlich“, das geht noch als Zitat durch, aber schon mit Wetzels Satz „Mag sein, dass das Hotel ihm beim Check-out eine neue Matratze auf die Rechnung gesetzt hat“ erreicht er das angeblich Faktische und befriedigt doch nur seine voyeuristischen Vorstellungen und sich selbst.

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Raus aus der EU, rein in die Demokratie: Wahlbetrug um EU-Parlamentspräsident aufgeflogen

von Ulrich Gellermann, Berlin

Niemand wäre ein besserer künftiger EU-Parlamentspräsident gewesen als der belgische EU-Abgeordnete Guy Verhofstadt (s. Foto). Der Mann, der sich um die Nachfolge von Martin Schulz bewirbt, ist die Inkarnation des korrupten, antidemokratischen Dunkelmannes: Von der belgischen Investmentgesellschaft Sofina steckte er 130.500 Euro zur linken Hand ein, von der belgischen Gastanker-Reederei EXMAR bekam er 60.000 Euro fürs Zuhören und Schweigen, von der niederländischen Versicherungsgesellschaft APG nahm er mit Vergnügen 42.840 Euro, um sein schlechtes Gehalt aufzubessern.

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Denn von 8.000 Euro monatlich fürs Absitzen – ausgepolstert nur durch eine unkontrollierte Kostenpauschale von 4299 Euro im Monat – kann so ein flotter Abgeordneter wie Verhofstadt natürlich nicht leben. In der Griechenlandkrise pöbelte er den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras sieben Minuten lang unqualifiziert an, warf ihm Klientelismus vor, saß aber selbst gleichzeitig im Aufsichtsrat eines Unternehmens, das von den Privatisierungen in Griechenland profitierte.

Nur so geht EU: Lobbyismus und Scheinparlamentarismus bestimmen den Gang des EU-Parlamentes. Das alles symbolisiert Guy Verhofstadt perfekt.

Aber der hochgelobte ‚Vollbluteuropäer‘ Verhofstadt machte bei seiner Bewerbung um den Job als Parlamentspräsident einen Fehler. Nicht, dass bei ihm noch mehr Geld aus dunklen Quellen aufgedeckt wurde, das hätte ja wie bisher eher seine Eignung bewiesen. Nein, er wollte, um seine Wahl nur ja abzusichern, einen Deal mit der italienischen 5-Sterne-Bewegung (MoVimento 5 Stelle) fingern. Aber die gelten nun mal als EU-kritisch.

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Kompakter Überblick über die rechtl. Grundlagen des Asylverfahrens

von Laurenz Nurk, Dortmund

refugee_fluechtlinge_politisches_pro_asyl_asylsuchende_migration_refugees_unhcr_schutzsuchende_asylverfahren_dpwv_paritaetischer_wohlfahrtsverband_kritisches_netzwerk_syrien.pngDer "Paritätische Gesamtverband" hat eine Arbeitshilfe für Beraterinnen und Berater mit dem Titel "Grundlagen des Asylverfahrens" herausgegeben. In der Pressemitteilung heißt es: „Ziel der vorliegenden Arbeitshilfe ist es, auf knappem Raum einen kompakten Überblick über die rechtlichen Grundlagen des Asylverfahrens zu geben.

Sie richtet sich an alle, die Flüchtlinge vor, während oder auch nach Abschluss des Asylverfahrens beraten. Ganz bewusst ist die Arbeitshilfe sehr praxisorientiert angelegt, mit zahlreichen konkreten Tipps für die Beratungspraxis.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Vermittlung der verfahrensrechtlichen Grundlagen. Die Broschüre kann allerdings nur die Basisinformationen zur Verfügung stellen, die vor Ort mit weiteren Schulungen bzw. Beratungsgesprächen ergänzt werden müssen, um tatsächlich eine kompetente Beratung der Flüchtlinge sicherzustellen.

Mit dieser aktualisierten 4. Auflage werden die zahlreichen rechtlichen Änderungen, die seit November 2015 Einzug ins deutsche Asylverfahrensrecht gefunden haben, berücksichtigt, inklusive der umfangreichen Änderungen durch die sogenannten Asylpakete I-II und dem Integrationsgesetz, welches am 6. August 2016 in Kraft getreten ist.“

Nach Schätzungen des "Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen" (UNHCR) waren Ende 2015 weltweit 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht.

Im Unterschied zu anderen Wanderungsformen ist Flucht keine freiwillige Migration. Flüchtlinge sind gezwungen ihr Land zu verlassen, um sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Die Fluchtursachen sowie die individuellen Gründe, weshalb Menschen ihre Heimatländer verlassen müssen und in einem anderen Staat Schutz suchen, sind vielfältig. Dazu gehören unter anderem:

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Geheimdienstbericht enthält keine Beweise

 . . .  für russischen Hackerangriff auf US-Präsidentschaftswahl

von Patrick Martin / wsws.org

Am Freitag veröffentlichten die amerikanischen Geheimdienste einen Bericht über die angeblichen Hackerangriffe Russlands auf die E-Mail-Server des Nationalkomitees der Demokratischen Partei und des Vorsitzenden von Hillary Clintons Wahlkampfteam, John Podesta. Der Bericht enthält keinerlei Beweise für diese Vorwürfe, sondern nur unbestätigte Schlussfolgerungen der CIA, des FBI und der NSA. Sie benutzen ganze neunzehnmal die Phrase „wir schätzen“, ohne auch nur durch eine Tatsache die Schuld Russlands zu demonstrieren.

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Das Dokument, das am Freitagnachmittag veröffentlicht wurde, war eine freigegebene Version eines 50-seitigen „streng geheimen“ Berichts, der am Donnerstag Präsident Obama und am Freitagmorgen den Fraktionsführern im Kongress und dem designierten Präsidenten Trump vorgelegt wurde. Doch laut zwei Geheimdienstlern, die am Donnerstag mit NBC News und der Washington Post sprachen, enthält die vertrauliche Version ebenso wenig schlagkräftige Beweise wie die öffentliche.

Der freigegebene Text behauptet nicht einmal, es gäbe Beweise zur Bekräftigung seiner Schlüsse, die aus Sicherheitsgründen nicht im öffentlichen Dokument aufgeführt würden. Man kann daraus nur den folgenden Schluss ziehen: Wir, die Geheimdienste, haben uns unser Urteil gebildet, und ihr, die amerikanische Bevölkerung, müsst es blind glauben.

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#Putin ist der Feind: So bereitet man Kriege vor

von Ulrich Gellermann, Berlin

Man sieht ihn förmlich vor sich: Wladimir Putin, wie er mit den Tasten seines Computers spielt. Gemütlich wahrscheinlich, in einer dieser Kreml-Räume, die nie ein Mensch betreten hat, wo er die Bits und Bytes mit der Häkelnadel aneinander knüpft, wie er die Software im Samowar weichkocht, wie sein magischer Blick die fernen Weiten des Cyberspace durchdringt und dann, ja, was dann? Dann wird er es sich im Computer von Hillary Clinton gemütlich gemacht haben, ihre E-Mails gelesen und sie dann, Mail für Mail, in die Öffentlichkeit des US-Wahlkampfs geworfen habe. So oder so ähnlich muss es gelaufen sein, wenn man einer von Hass besoffenen US-Macht-Fraktion und ihren Epigonen in den deutschen Medien glauben wollte. So sehen Wahlverlierer aus.

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US-Geheimdienste: Putin ordnete Hackerangriffe an“, kotzt die SÜDDEUTSCHE auf den Medientisch. Die lächerlich neutrale Schweiz kotzt mit: „Putin lancierte Attacken auf US-Wahl“, verbreiten Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Sogar das Mallorca 95,8 Inselradio betreut die deutschen Residenten mit der Putin-Hacker-Meldung. Auch die Stuttgarter Nachrichten, dort wo der Killesberg die Wasen küsst und Kretschmann die Merkel herzt, wissen es ganz genau: „USA machen Putin für Beeinflussung von Wahl verantwortlich“, jetzt sind es nicht nur die US-Dienste, jetzt ist es die komplette USA. Alle, alle sind sie dabei bei der Hatz: FOCUS, DIE ZEIT, FAZ, alle geifern und eifern: Der Putin war´s!

Der stinkende Meinungsjournalismus der TAGESSCHAU setzt zwar noch Alibi-Anführungszeichen, bleibt aber mit seinem Mäntelchen hart am Wind der deutschen Regierung: "Putin befahl eine Kampagne“, weiß Rolf Büllmann, aus dem ARD-Studio Washington und nennt den totalen Beweis: "Mit einer Vielzahl von Quellen" würden die US-Geheimdienste die Anklage gegen Putin begründen. Besser geht Journalismus nur noch auf dem Klo, wenn man sich der BILD-Zeitung bedient.

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Samir Amin: Das europäische Projekt ist abzulehnen!

“Oft muss erst einmal abgebrochen werden, was neu aufgebaut werden soll.”

Ein Gespräch mit Samir Amin über die Krise des Kapitalismus und die Stelle der EU im imperialistischen Staatensystem

von Ron Augustin

Samir Amin, der vor kurzem seinen 85. Geburtstag gefeiert hat, ist einer der wichtigsten politischen Ökonomen, die es heute gibt. Er gehört zum Kreis marxistischer Wissenschaftler um die Zeitschrift Monthly Review, wo er eng mit André-Gunder Frank, Immanuel Wallerstein, Paul Sweezy und John Bellamy Foster zusammengearbeitet hat. Er ist Mitbegründer der Sozialistischen Partei Ägyptens, hat in den 1950er und 1960er Jahren in verschiedenen Planungsgremien Ägyptens, Malis und der UNO gearbeitet und politische Ökonomie an der Universität Paris-Vincennes unterrichtet. Seit 1980 leitet er die afrikanische Abteilung des Dritte-Welt-Forums in Dakar. Es gibt mehr als fünfzig Bücher und zahlreiche Artikel von seiner Hand, von denen nur wenige auf Deutsch übersetzt worden sind. [1] [2] [3]

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Während einer seiner ständigen Reisen zwischen Dakar, Kairo und Paris nahm er sich die Zeit, in der Nähe von Brüssel einer Handvoll Studenten in Fragen zum aktuellen Stand der Globalisierung Rede und Antwort zu stehen. Dort hatten wir das folgende Gespräch mit ihm.

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Ron Augustin: Der neue Vorsitzende der Europäischen Linken im Europaparlament, Gregor Gysi, meint, “dass wir über die Frage, aus der EU auszutreten oder sie aufzulösen, nicht einmal zu diskutieren brauchen”. Er will, wie eine Mehrheit der staatstragenden Parteilinken, “die Menschen für ein Europa gewinnen, das sozial gerechter sei, demokratischer und antimilitaristischer”. Diese Linke hat dem rechtspopulistischen Nationalchauvinismus kaum mehr entgegenzuhalten als die alte Leier “Ein anderes Europa ist möglich.” Aus welchen Gründen lehnen Sie sie ab?

Samir Amin: Die Frage ist nicht, ob “ein anderes Europa” (welches? wozu?) möglich ist, sondern, ob das bis jetzt hervorgebrachte Projekt nachhaltig lebensfähig ist oder so umgewandelt werden kann, dass es lebensfähig wird. Das hängt natürlich auch von der Frage ab, ob ein reformierter “Kapitalismus mit menschlichem Antlitz” angestrebt wird beziehungsweise überhaupt realisierbar ist. Der zentrale Punkt, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben, ist die Krise des Systems. Was Europa betrifft, ist die vordergründige Krise der Eurozone nicht von der dahinterliegenden Krise der EU zu trennen.

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Die Kritik von Silvio Gesell an Karl Marx

von Georg Lehle, Rothenburg o/T

silvio_gesell_freihandel_freigeld_humane_wirtschaft_freiwirtschaft_freiwirtschaftslehre_umlaufgesichertes_geld_kritisches_netzwerk_umlaufsicherung_natuerliche_wirtschaftsordnung.jpg1916 erschien das Buch „Die natürliche Wirtschaftsordnung“ von Silvio Gesell. Der deutsch-argentinische Kaufmann übt darin profunde Kritik an den Ansichten von Karl Marx. Für Karl Marx wäre Geld eine ganz normale Ware: Waren und Geld seien äquivalent, vollständig gleichberechtigt und austauschbar.  Daher suchte Karl Marx den kapitalistischen Systemfehler im Produktionsprozess. Dort würde vom Unternehmer ein Mehrwert (Gewinn) erwirtschaftet werden, zunehmend zu Lasten der Arbeiter.

Dieser Ansicht tritt Silvio Gesell entgegen. In einer funktionierenden Marktwirtschaft (ohne Monopole) würde der Gewinn gegen Null eliminiert werden, durch Wettbewerb und vermehrte Produktion. Soweit könne es aber nicht kommen, da das Geld vorher „streikt“ und eine positive Verzinsung erzwingt. Für Gesell ist der Ausbeuter also der Geldbesitzer und nicht der Unternehmer.

► Text aus dem 1952 veröffentlichten Buch von Ernst Winkler „Theorie der Natürlichen Wirtschaftsordnung“:

„Aus dem offenkundigen Versagen des historischen Liberalismus erwuchs die sozialistische Bewegung mit dem Ziel, die missbrauchten Freiheitsrechte einzuschränken zugunsten der Gesamtheit und besonders zugunsten der wirtschaftlich Schwachen. Diese Zielsetzung beruht jedoch auf einem Denkfehler; denn der historische Liberalismus versagte nicht, weil er zuviel, sondern weil er zuwenig Freiheit verwirklichte.

Eine „freie Wirtschaft“ hat es im Liberalkapitalismus in Wahrheit nie gegeben, sondern nur eine vermachtete Wirtschaft: vermachtet durch Privatmonopole, durch den privaten Monopolbesitz von Grund und Boden und den Rohstoffen, durch das Geld- und Bodenmonopol, durch die Bildung von Syndikaten, Kartellen und Trusts. An die Stelle einer freien Konkurrenzwirtschaft trat die Herrschaft privater Wirtschaftsmächte, die durch ihre Maßnahmen weitgehend auch die Höhe von Preisen, Löhnen und Zinsen und damit das Wirtschaftsgeschehen insgesamt nach ihren Interessen bestimmen konnten.

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#Whistleblower im Betrieb

DGB muss Gewerkschaftsflüsterer besser schützen und unterstützen

von Laurenz Nurk, Dortmund

top_secret_geheimnisverrat_whistleblower_enthuellung_hinweisgeber_anonymous_whistleblowing_kritisches_netzwerk_datenklau_bnd_geheimdienste_nsa_datendiebstahl_pressefreiheit.gifIm Frühsommer 2016 wurde im EU-Parlament über die Richtlinie [(EU) 2016/943] zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen abgestimmt und sie dann in Kraft gesetzt. Die Richtlinie, in der gemeinsame Maßnahmen gegen den rechtswidrigen Erwerb und die rechtswidrige Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen festgelegt sind, soll sicherstellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert. Aus Sicht der US-Regierung ist sie sogar eine wichtige Voraussetzung für das Handelsabkommen TTIP.

Der DGB hatte schon im Vorfeld davor gewarnt, dass so Unternehmen auch Informationen über Missstände in ihren Betrieben zu Geschäftsgeheimnissen erklären können, da sie nun selbst bestimmen dürfen, was ein Geschäftsgeheimnis ist und was nicht.

Whistleblower, die auf die Missstände in den Betrieben berechtigterweise aufmerksam machen, haben nun auch noch den letzten Schutz verloren. In der Regel sind die Hinweisgeber ja Beschäftigte derjenigen Betriebe, in denen die Missstände angeprangert werden. Hinzu kommt noch, dass die Arbeitnehmer nun im vollen Umfang für den durch die Offenlegung von angeblichen Geschäftsgeheimnissen entstandenen wirtschaftlichen Schaden beim Arbeitgeber haftbar gemacht werden können.

Die Richtlinie bedroht nicht nur die Whistleblower, sondern auch die Pressefreiheit in erheblichen Maßen.

 Bei der neuen Richtlinie handelt es sich um einen Mindestschutzstandard für Unternehmen. Das heißt, dass die EU-Mitgliedstaaten den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der nationalen Gesetzgebung sogar noch verstärken können. Es fehlt hier vor allem das Kriterium des objektiven Geheimhaltungsinteresses des Inhabers. Das bedeutet einen großen Rückschritt bei uns, da die deutschen Gerichte bisher stets auf das objektive Geheimhaltungsinteresse abstellen.

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WikiLeaks-Enthüllungen bestätigen enge Kooperation von BND und NSA

von Sven Heymanns / wsws.org

Der deutsche Auslandsgeheimdienst hat den US-Geheimdiensten nicht nur massenhaft Daten geliefert, sondern auch bei der Erstellung von Spähsoftware direkt mit ihnen zusammengearbeitet. Das bestätigt der umfangreiche Datensatz, den die Enthüllungsplattform WikiLeaks Anfang Dezember veröffentlichte. Er dokumentiert die enge Kooperation zwischen deutschen und amerikanischen Geheimdiensten und lässt neue Einzelheiten darüber erkennen.

Der Datensatz umfasst etwa 90 Gigabyte an Informationen. Er besteht aus insgesamt 2420 Akten, die im Jahr 2015 an den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages weitergeleitet wurden. Die Daten stammen WikiLeaks zufolge aus mehreren deutschen Bundesbehörden, darunter der Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Wie WikiLeaks an die Daten gelangte, ist bislang unbekannt. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" schiebt die Verantwortung dafür Russland zu. Sie will „aus Sicherheitskreisen“ erfahren haben, dass die Daten aus einem Hackerangriff auf den Bundestag vom Frühjahr 2015 stammen könnten, für den Russland verantwortlich sei. Dafür gebe es eine „hohe Plausibilität“, weil keines der Dokumente nach Januar 2015 digitalisiert worden sei. Außerdem handle es sich ausschließlich um Dokumente des geringsten Geheimhaltungsgrads, die innerhalb des Bundestages im Umlauf gewesen seien. Eine Bestätigung für diese Vorwürfe gegen Russland gibt es nicht.

Das der deutsche Bundesnachrichtendienst und die amerikanische NSA eng zusammenarbeiten, war bereits im Juni 2013 durch die Enthüllungen von Edward Snowden bekannt geworden. Snowden hatte unter anderem aufgedeckt, dass beide Geheimdienste die Software XKeyscore benutzen, um den weltweiten Mobilfunk- und Internetverkehr zu filtern und zu durchsuchen.

Die jüngsten Veröffentlichungen zeigen, dass der BND die Software nicht nur nutzte, sondern auch an ihrer Entwicklung beteiligt war. Aus einem internen Dokument vom Juni 2013, das über die Kooperation mit den US-Geheimdiensten berichtet, geht hervor, dass ein BND-Mitarbeiter „zur Programmierung und Bewerkstelligung der Handhabung bzgl. XKeyScore für die Dauer von zwei Jahren“ abgeordnet wurde.

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Die Bewusstseins-Industrie

von Jens Wernicke (NDS) im Gespräch mit Propagandaforscher Jörg Becker

joerg_becker_solingen_die_linke_propaganda_medienpolitik_medienkultur_massenmedien_leitmedien_politikwissenschaftler_kritisches_netzwerk_medien_krieg_friedensforschung_rassismus.jpgEdward L. Bernays formulierte vor fast einem Jahrhundert: „Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand ist nur eine logische Folge der Struktur unserer Demokratie.“ (Wikip.)

Und Hans Magnus Enzensberger sekundierte vor nicht gar so langer Zeit, indem er feststellte, der gesellschaftliche Auftrag der Bewusstseins-Industrie sei „heute überall derselbe: die existierenden Herrschaftsverhältnisse, gleich welcher Art sie sind, zu verewigen. (…) Materielle Ausbeutung muss hinter der immateriellen Deckung suchen und die Zustimmung der Beherrschten mit neuen Mitteln erwirken. (…) Gepfändet wird nicht bloß Arbeitskraft, sondern die Fähigkeit, zu urteilen und sich zu entscheiden.

Wie aber dürfen wir uns das vorstellen: die tägliche Manipulation, die unser Denken in vorgefertigte Muster zu zwingen versucht? Hierzu sprach Jens Wernicke mit dem Politikwissenschaftler u. Propagandaforscher Jörg Becker (Foto rechts).

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Jens Wernicke: Herr Becker, der Wahlkampf Clinton versus Trump war wieder einmal sehr bezeichnend: Die Medien malten den Einen als Teufel an die Wand und standen der Anderen sogar dann bei, als sie mit dem 3. Weltkrieg oder dem Einsatz von Atomwaffen drohte. Wie schätzen Sie diese Medienberichterstattung ein, was erlebten wir hier?

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DGB-Studie entzaubert das Märchen vom Azubi-Mangel

Wie die öffentliche Ausbildungsstatistik die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verschleiert

von Laurenz Nurk, Dortmund

dgb_studie_ausbildungsreport_2016_ausbildung_berufsausbildung_ausbildungsplaetze_kritisches_netzwerk_ausbildungsplatz_ausbildungsplaetze_leistungsdruck_arbeit_bildung.pngDer DGB und einige Einzelgewerkschaften schlagen Alarm: Mehr als 1,9 Millionen junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren haben keinen Berufsabschluss.

Wie immer, wenn Ende September jeden Jahres die Lehrstellenbilanz gezogen wird, beginnt rituell das Jammern der Unternehmer. Sie suchen händeringend nach Auszubildenden, aber es würde immer schwerer, welche zu finden. Bei dieser immer gleichen Aussage der Firmenchefs zur Lage auf dem Ausbildungsmarkt werden sie von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstützt.

Der DGB hat nun die Daten analysiert und kritisiert: Die Zahlen verschleiern demnach, wie es wirklich ist. Von einem Bewerbermangel kann schon anhand dieser Zahlen überhaupt keine Rede sein.

Die BA hat für das Jahr 2015/2016 einen Anstieg der gemeldeten Ausbildungsstellen von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr gemeldet – bei einem Rückgang der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber um 0,6 Prozent.

Ende September 2016 gebe es der BA-Statistik zufolge 43.500 freie Ausbildungsplätze. Dem stünden rund 20.000 Bewerber ohne Lehrstelle gegenüber. Die Zahlen suggerieren: Es gibt mehr freie Plätze als Bewerber. Aber stimmt das?

Die Geschichte vom bundesweiten Auszubildenden-Mangel entpuppt sich bei Licht betrachtet aber als Märchen, denn zahlreiche Jugendliche ohne Ausbildungsplatz werden der DGB-Analyse zufolge gar nicht in den Daten der BA berücksichtigt:

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